VII. Schleswig-Holstein.
hinführo in Erbtheilungs-Sachen auf besagte fürstl. Verordnung nicht
weiter reflectiret, sondern es bey dem Inhalt des Low- und Land Rechtes
in diesen wie in anderen Fällen gelassen werden solle.
Die Erbfolge blieb deshalb, wie der Amtmann von Tondern (vgl. Anl. III.
Ziffer IV, 1) ausführt „auf denjenigen Fuß, in welchen sie durch ein be
ständiges Herkommen gesetzet war“. Dies dem Lov- und Landrecht ent
sprechende Herkommen stimmt aber auf der Tondernschen Geest nach dem
zitierten Bericht (von 1774) in allen wesentlichen Punkten*) mit der sonst
herrschenden Sitte überein.
Wie in Tondern ist es im Amte Husum ergangen. Nach einem Be
richt von 1741 wurde auch für diesen Bezirk die Verordnung von 1704
aufgehoben. * 2) Auch dort weicht die
auf Ansuchen einer Deputation
auf der Geest herrschende Erbsitte nicht von den sonst befolgten Regeln ab.
Für die Ämter Apenrade und Gottorf wurde die fragliche fürstliche
Verordnung nicht ausdrücklich aufgehoben. Aber man behandelt sie auch
hier als nicht vorhanden (Anl. III, Ziffer I und V, Fragen 2 und 3). Der
Amtmann von Apenrade erwähnt die Konstitution von 1704, bezieht sie
aber fälschlich nur auf Festegüter3) und spricht die Vermutung aus, das
althergebrachte, von der Konstitution anerkannte Altestenrecht wäre von den
Festern auf die Bonden gewohnheitsmäßig übertragen worden. Daß diese
Ansicht nicht zutrifft wird unten*) näher auszuführen sein.
Aus dem allen ergibt sich, daß die fürstliche Verordnung von 1704
in ihrem ganzen schleswiger Geltungsgebiet für Bondengüter nicht in An
wendung gekommen ist. Danach ist die Bemerkung des Obergerichts (vgl.
oben S. 68 Ziffer 2) zu korrigieren, wonach zwar die „Gesetze“ vom Altesten
recht „schweigen“, aber der Verordnung von 1704 doch zu verdanken sei.
daß in den fürstlichen Ämtern an dem Recht des Altesten nicht mehr
gezweifelt worden wäre. Die Verordnung von 1704 hat auf die Ausbildung
des Altestenrechts gar keinen Einfluß gehabt.
4. Was endlich den Koldinger Rezeß Christians III. von 1558 füi
Dänemark anlangt, den man ebenfalls mit der Entstehung der Anerbensitte in
Verbindung zu bringen versucht sein könnte (vergl. oben S. 54), so wendet
sich dieser in den einschlägigen Bestimmungen (Art. 40) allerdings gegen die
zu jener Zeit offenbar häufige Fortdauer der Eigentumsgemeinschaft der
Miterben: Ein Erbe und nicht mehrere sollen das Bondengut besitzen. Damit
soll es so gehalten werden, daß der Selffeyerbonde (bäuerliche Selbsteigner),
der einen Bauernhof besitzt, alles zu dem Hofe in Wald und Mark gehörige
benutzen, und keiner von den übrigen Miterben von des Hofes Zubehör etwas
gebrauchen, sondern von dem Besitzer Abfindungen empfangen soll nach des
’) Über die Besonderheiten der Karrharde vgl. S. 81 u. 82
2) Acta Archiv. Schlesw. A. XVIII 5886 und MEIBORG, Anhang S. 25.
3) Nur für Festegüter ist sie dort nach der in vorstehender Anmerkung zitierten
Erhebung von 1741 „in observance gekommen“
4) Abschnitt II, Kap. III, Ziffer III, 1.