Die Folgen der Realteilung.
83
tretendem Verdienst aufserhalb der Landwirtschaft ihren Mann zu ernähren
vermögen.
Exakte Untersuchungen über Schulden-Stand und -Bewegung, welche
auf jene Verhältnisse Rücksicht nehmen, liegen nur für einige wenige Ge
meinden des Berichtsgebietes vor.
Wir übergehen einige ältere Angaben für die einzelnen Teile des
Amtsgerichtsbezirks Linz.*) Sie beziehen sich nur auf die Hypotheken
bewegung und gipfeln in der Betrachtung, dafs die sehr rasche Zunahme
der Verschuldung in den Jahren 1872—1881 auf den Rückgang der In
dustrie und ungünstige Weinjahre zurückzuführen sei.
Die nachfolgenden Schilderungen für die Gemeinden Horressen (Amts
gerichtsbezirk Montabaur) und Mensfelden (Amtsgerichtsbezirk Limburg)
sind den „Ermittelungen über die allgemeine Lage der Landwirtschaft in
Preufsen“ entnommen 2):
Die relativ kleine Gemeinde Horressen (1882: 538 ortsanwesende
Personen, 127 Haushaltungen) liegt auf der untersten Terrasse des Wester
walds. 44 Haushaltungen betreiben die Landwirtschaft im Hauptberuf, 75
gehören Taglöhnerfamilien an.3) Die Bevölkerung hat von 1878/79 bis
1886/87 nur um 45 Köpfe zugenommen. Die Gemarkungsfläche umfasst
nur 280 ha mit einem Grundsteuerreinertrage von 1682 M (darunter 104 ha
Ackerland und 71 ha Wiesen). Nicht weniger als 101 ha (darunter 80 ha
Holzung) sind Gemeindeland. Die klimatischen Verhältnisse werden gekenn
zeichnet durch ein ziemlich spätes Frühjahr, durch kurze Sommer und frühe
Winter. In den 60er Jahren hat die Güterkonsolidation die Zugänglichkeit
der Parzellen sehr erleichtert und einen bedeutenden Aufschwung der Land
wirtschaft zur Folge gehabt. Obstbau wird ziemlich stark betrieben. Als Spann
vieh werden meistens Kühe benutzt, deren Milcherträgnis infolge der An
strengung naturgemäls nur gering ist. Die grösseren Landwirte kaufen im
Frühjahr ausgewachsene Ochsen, verwenden sie zur Feldarbeit und verkaufen
sie ausgemästet ein Jahr später. Gewinn aus der Viehzucht findet meistens
durch Mast statt. In der ganzen Gemeinde wird nur ein Pferd gehalten,
In den letzten 20 Jahren hat eine Vermehrung des Viehstandes um ca. 50%
stattgefunden. Industrielle Verhältnisse üben keinen Einflufs auf die wirt
schaftliche oder soziale Lage der Dorfgenossen aus, auch aus dem Lohn
fuhrgewerbe ist kein Verdienst zu ziehen, nur das Holzfällen bringt einigen
Nebenerwerb. Von eigentlicher Rentabilität des landwirtschaftlichen Be
triebes kann man nach dem Berichte nicht sprechen, die Leute finden
*) Bericht des Kgl. Amtsrichters DüssEL i. d. „Verhandlungen des Kgl. Landesök.
Kollegiums“ (III. Session, 2. Sitzungsperiode), Berlin 1883, S. 458 ff.
2) Bd. I, Berlin 1890, S. 453ff. u. 483 ff.
3) Unter Taglöhnerfamilien müssen hier solche Familien verstanden sein, deren Grund
besitz zu ihrer Ernährung nicht hinreicht und deren Mitglieder daher bei den anderen Bauern
taglöhnern. In der Schilderung der Gemeinde Mensfelden sind sie wohl in den Familien
enthalten, die Landwirtschaft als „Nebenberuf“ betreiben.