Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (2)

II. Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt a. M. 
Zustimmung der Besitzer von mehr als der Hälfte der beteiligten Grund 
stücke erforderlich. Das Verfahren besteht in Kürze darin, „dafs man in 
einer Gemarkung die landwirtschaftlichen Meliorationen, Kulturumwandlungen, 
Wiesen-, Be- und Entwässerungsanlagen, Ackerfeldwege, Überbrückungen so 
projektiert und ausführt, als gehöre die ganze Feldmark einem Besitzer, dass 
man die Fluren so in Bezirke abteilt, wie die Ertragsfähigkeit solche ergiebt, 
in diesen Bezirken (Zuteilungsbezirken) gartenbeetartige Abteilungen (Ge 
wanne) zur bequemen Bearbeitung bildet, die Parzellen der einzelnen nach 
Tagewerksstücken (Normalstücken) zusammenlegt und sie so in die für die 
Gemarkung projektierten Anlagen einfügt.“*) Es bleibt also der Plan des 
alten Gewanndorfes und damit die Gemengelage im wesentlichen bestehen. 
Man erstrebt und erzielt zwar eine Verringerung der Parzellenzahl; die 
Hauptsache aber ist ihre bessere Gestaltung und die allgemeine Feldregu 
lierung. 
Das altpreufsische Separations- und Zusammenlegungsverfahren greift 
bekanntlich viel energischer in die überkommene Besitzverteilung ein, indem 
es nach freiem Ermessen die dem einzelnen Besitzer gehörigen Ländereien 
in möglichst grosse Pläne zusammenlegt. Dieses Verfahren ist durch das 
Gesetz vom 5. April 1869 im Gebiet des Justizsenats Ehrenbreitstein zur 
Einführung gekommen. Es hat in den dortigen Gebirgsdörfern eine erstaun 
liche Umwälzung der Agrarverfassung herbeigeführt. 
Im Kreise Altenkirchen wurden bis Ende 1894 65 Gemarkungen mit 
8836 ha und 10608 Besitzern umgelegt, 25 weitere Gemarkungen mit 3310 ha 
waren damals in der Vorbereitung begriffen; im Kreise Neuwied wurden 
37 Gemarkungen mit 6994 ha und 7000 Besitzern umgelegt, 4 Gemarkungen 
mit 509 ha waren in Vorbereitung. Die Zahl der Parzellen sank infolge des 
zum Abschlufs gebrachten Verfahrens im Kreise Altenkirchen von 95 967 auf 
31519, im Kreise Neuwied von 115 261 auf 22447, also auf 1 bezw. 1/5.*2) 
Nach einer dem Berichte der Generalkommision beigefügten Übersichts 
karte vom Jahre 1894 verschwinden in manchen Gebirgsgegenden (wie in 
den Amtsgerichtsbezirken Dierdorf und Asbach) die nicht bereinigten Ge 
markungen schon fast zwischen denjenigen, deren Fluren sich noch im alten 
Zustande befinden. 
Hingegen hat die Zusammenlegung in den wohlhabenderen, am Rhein 
gelegenen Amtsgerichtsbezirken Neuwied und Linz ebenso selten Eingang ge 
funden wie in den nach dem Siegerland zu neigenden Amtsgerichtsbezirken 
Kirchen und Daaden, wo die Bergarbeiterbevölkerung zahlreicher ist. 
Auch im Kreise Wetzlar sind die Erfolge gering. Dort wurden nur 
9 Gemarkungen mit 1334 ha und 2546 Besitzer zusammengelegt. 
Daraus scheint hervorzugehen, dass die im Gefolge der Realteilung ein 
tretenden Übelstände am schwersten auf dem Gebirge empfunden werden, 
*) WISSMANN a. a. O. Einl. S. XIV. 
2) „Übersicht über die bis zum Ende des Jahres 1894 anhängig gewordenen Grund 
stückszusammenlegungen u. s. w.“ Herausgeg. von der Kgl. Generalkommission in Düssel 
dorf, 1895.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer