Full text: ¬Die Vererbung des ländlichen Grundbesitzes im Königreich Preussen (2)

II. Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt a. M. 
Von Hypotheken frei sind demnach Besitzungen mit 348,4 ha, ganz 
oder teilweise verpfändet hingegen Besitzungen von 326,5 ha Fläche. Würde 
man, wie es für Horressen geschehen ist, die nicht verpfändeten Parzellen 
der verschuldeten Besitzer ausscheiden, so würde das die schuldenfreie Fläche 
noch erweitern. Die unbelasteten Besitzer überwiegen jedoch der Zahl und 
Fläche nach nur in der obersten Besitzklasse. 
Der bäuerliche Besitz ist, auf den Hektar und die Mark Grundsteuer 
reinertrag berechnet, um so mehr verschuldet, je niedriger die Reinertrags 
klasse ist, der er angehört (vgl. Spalte 16 und 17). Ebenso sind in 
Horressen die Besitzungen unter 30 Thaler wesentlich stärker als die 
grösseren Güter belastet. Zu berücksichtigen ist allerdings, dals hier 
bei der Gebäudewert nicht in Betracht gezogen ist, der gerade bei dem 
kleinsten Parzellenbesitz den Hauptteil des bäuerlichen Vermögens ausmacht. 
Auf die Mark Gebäudesteuernutzungswert berechnet (Spalte 18 der letzten 
Tabelle) verschieben sich die Zahlen daher wieder zu gunsten der untersten 
Besitzklasse. 
Die Personalschulden werden für Horressen auf 20000 M geschätzt; 
in dem Berichte für Mensfelden heifst es: 
„Die Personalschulden betragen mit rückständischen Steiggeldern für 
Grundstücke jedenfalls nicht weniger als die Hypothekenschulden, stehen 
also in einem Verhältnis zu diesen wie 1 : 1. Von beiden Schuldenarten be 
steht ein grosser Teil schon seit langen Jahren, doch ist in den beiden letzten 
Jahrzehnten ein sehr grosser Teil hinzugekommen, und zwar hauptsächlich 
infolge Ankaufs von Grundstücken. In einigen Fällen haben die betreffenden 
Grundeigentümer ältere baufällige Gebäude neu aufgeführt, wozu Bargeld 
nicht vorhanden war, und in nicht wenigen Fällen sind auch Privatschulden 
in Hypotheken umgewandelt worden. — Die Bevölkerung besitzt nur wenig 
bare Kapitalien." 
Ein sehr grosser Teil der Besitzungen (in Horressen nicht weniger als 
125 von 128, in Mensfelden 158 von 254) ist jedoch von so geringem Um 
fange und Ertrag (unter 30 Thalern Grundsteuerreinertrag), daßs sich auch 
die meisten schuldenfreien Besitzer in sehr beschränkten Verhältnissen befinden, 
wenn sie von ihrem Anwesen leben sollen. Thatsächlich fehlt aber in 
Horressen jeglicher Nebenverdienst. Der Rückgang der Preise für die ver 
schiedenen Fruchtgattungen musste hier besonders schwer empfunden werden, 
und so kann es nicht Wunder nehmen, wenn der Erhebungskommissar be 
merkt: „Jeder Landwirt fühlt den fast haltlosen Zustand seiner Existenz. ... 
In vielen Jahren genügte ... die Grundrente zur Deckung der von den 
Grundeigentümern übernommenen Verpflichtungen nicht, und mufste in 
denjenigen Familien, in welchen erwachsene arbeitsfähige Söhne oder Töchter 
waren, deren auswärtiger Verdienst noch in Anspruch genommen werden, 
während die anderen Haushaltungen, bei denen diese Zuschüsse fehlten, 
jedes Jahr Schulden kontrahieren mussten.“ 
Es wurden in den Jahren 1868 bis 1887 in Horressen:
	        
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