Full text: System des österreichischen allgemeinen Privatrechts (2)

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§. 480. 
Das östr. Recht“72) bietet in dieser Lehre eine wunderliche Mischung 
der Rechtssätze und Motive beider Rechtssysteme ohne Festhaltung eines 
klaren und einheitlichen Princips, daher die Antwort auf die Frage, in 
welchem Momente die Erbschaft an den Erben gelange, bei uns eine 
nicht ganz zweifellose ist. Das b. G. B. unterscheidet nämlich, diesfalls 
übereinstimmend mit dem röm. Recht, zwischen Anfall und Annahme, 
und lässt den Anfall im Zeitpunkte des Todes des Erblassers, und 
nur bei bedingter Erbeinsetzung in dem Augenblicke der Erfüllung der Be 
dingung eintreten (§§. 545, 703); es hält ferner die Annahme, und zwar 
eine ausdrückliche, dem Gerichte gegenüber erklärte (die sog. Erbserklä 
rung §§§. 799, 800)) für gleichfalls wesentlich, indem es an die Unter 
lassung dieser Erbserklärung während der Dauer einer gewissen Frist die 
Wirkung knüpft, dass die Erbschaft von dem Gerichte einstweilen denjenigen 
eingeantwortet wird, welche sich erbserklärt und ihre Erbrechtstitel ausge 
wiesen haben (§§. 120, 128 Pat. v. 9. Aug. 1854).13) Dass an den An 
fall — gleichfalls übereinstimmend mit dem röm. Recht — noch nicht der 
Erwerb der Erbschaft geknüpft ist, erhellt auch aus §. 547, welcher bestimmt, 
dass der Erbe erst, nachdem er die Erbschaft angenommen hat, in Rück 
sicht auf dieselbe den Erblasser vorstellt, so dass beide in Beziehung auf 
einen Dritten für eine Person angesehen werden — während bis dahin der 
Erblasser als Besitzer der Erbschaft betrachtet werden soll. Aus diesem 
Grunde geht denn auch die herrschende Lehre der österreichischen Juristen 
dahin, es erfolge der Übergang der Rechte und Verbindlichkeiten des Erb 
lassers an den Erben, also der Erwerb des vollen Erbrechts, im Moment 
der Erbserklärung. Andererseits aber fordert das b. G. B. das Vor 
handensein der Erbfähigkeit nicht in diesem, sondern in dem Momente des 
Erbanfalls (§§. 545, 703), und lässt es für die Transmission der Erbschaft 
an den Erbeserben genügen, dass der Erbe den Erbanfall, also den Tod 
des Erblassers (und bei bedingter Erbeinsetzung die Erfüllung der Bedingung) 
überlebe (§§. 53619), 537, 703) 20); es hat also auch Bestimmungen neben 
den vorhin angeführten romanistischen, welche der germanischen Anschauung 
von der Identität des Anfalls und des Erwerbs entsprechen. Eben darum 
erscheint es zweifelhaft, ob nach östr. Recht in dem Anfalle oder in der An 
nahme der Erwerb der Erbschaft liege.**) Die herrschende Meinung spricht 
fallenen Erbschaft) könne nur als Folge 
172) Pfaff u. Hofmann Comm. II 
des bereits stattgehabten Erwerbes ver 
S. 17 f., Steinlechner I S. 379 ff. 
standen werden, dann muß man aller 
Über das (ältere und heutige) österr. R. 
dings auch für das österr. R. annehmen, 
vgl. auch die Ausführungen v. Pineles 
es erfolge der Erbschaftserwerb bereits 
a. a. O. XIII S. 398 ff., XIV S. 101 ff. 
durch den Anfall. Nur bliebe das Erb 
18) Vgl. Randa Erwerb der Erbschaft 
recht bis zur Abgabe der Erbserklärung 
S. 24 Note* 
ein bedingtes, so dass die Erbsentschlagung 
19) Verb.: „noch nicht erlangte“... 
nicht eine Zerstörung eines vollendeteu 
20) Vgl. auch Avit.=Pat. §§. 6, 7. 
Erwerbes, sondern eine Vereitelung der 
21) Geht man davon aus, die Über 
Bedingung desselben wäre. Man müsste 
tragbarkeit der Erbschaft auf Dritte so 
also allerdings auch vom Boden dieser 
wohl titulo universali (Transmission) 
Auffassung aus sagen: Der eigentliche 
als singulari (Veräußerung einer ange¬
	        
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