§. 303.
In das österr. G. B. ging die Doctrin der Codificationszeit, die von
solchem Unterschied nichts wußte, mit zeitgemäßen Verbesserungen über,
wie schon M. R. zu § 891 beweist, in welcher „Correalität" = Soli
darität ist. Dennoch muss gefragt werden, ob der Unterschied nicht auch
für's österr. Recht zu machen sei, und — auch wenn er abzulehnen ist
ob bei diesem Verhältnisse eine Einheit der Obligation oder eine Mehrheit
von Obligationen anzunehmen sei.
Die Unterscheidung hat für das österr. Recht entschieden keine Be
rechtigung.*) Das G. B. handelt von der Correalität in den §§. 891
bis 896, enthält aber weder in diesen Paragraphen noch an anderen
Stellen eine auf eine solche oder ähnliche Unterscheidung Bezug nehmende
Bestimmung, und es fehlt auch an jedem theoretischen Bedürfnis zur Ein
Und zwar haben wir in jedem
führung eines solchen Unterschiedes.“)
solidarischen Obligationsverhältnis eine Mehrheit62) von Obligationen zu
erblicken; dies ergibt sich sowohl aus dem im §. 896 zugelassenen Regress
recht?), als auch daraus, dass nicht alle den objectiven Bestand der Obli
schied von Correalität und Solidarität
ligten eine Einheit der Obligatio eine
in der Natur der Dinge gelegen finden.
juristische Unmöglichkeit wäre, die nur
Gegen die Unterscheidung von Correal
durch eine unerweisbare Fiction erklärt
und Solidarobligationen, die er eine
werden könnte — so ist das keineswegs
„rein doctrinäre“ „unfruchtbare Distinc
zutreffend; nicht auf die Mehrheit der
tion" nennt: Hasenöhrl I S. 103 ff.,
Gläubiger oder Schuldner, sondern auf
112 ff., speciell gegen Unger: S. 105 f.
die Mehrheit der versprochenen Hand
Note 48; gegen Mages vgl. Binder
lungen kommt es für das Vorliegen
S. 494 ff. Dem deutschen B. G. B.
einer Mehrheit von Obligationen an.
ist diese Unterscheidung fremd.
Vgl. oben I §. 43.
6) Vgl. Unger, D. revid. sächs. Ent
4a) Von den Combinationstheorien ist
wurf, S. 87, wonach der Unterschied
hier bes. die von Unger (in der oben
kein natürlich erwachsener und innerlich
§. 302 Note * angef. Abh.) aufgestellte
motivierter ist.
hervorzuheben: Danach ist „in der Cor
6a) Dagegen Hasenöhrl S. 107 f.,
realobligation Einheit und Mehrheit zu
111, der sich vielmehr für die Einheits
gleich vorhanden"; und zwar ist die
theorie ausspricht; er lehrt: Jede Obli
Correalobligation „nicht etwa eine von
gation bestehe aus zwei persönlichen
den einzelnen Obligationen verschiedene
Elementen (dem Gläubiger und dem
und über ihnen schwebende selbständige
Schuldner) und einem unpersönlichen
Obligation, sondern eine aus den ein
(der Leistung); die Solidarobligation
zelnen Obligationen zusammengesetzte
unterscheide sich von der einfachen da
Obligation, ein Complex von Obliga
durch, dass bei ihr wenigstens eines der
tionen, eine Collectivobligation"; da
persönlichen Elemente mehrfach vorhanden
gegen sind die mehreren Solidarobliga
sei; die Leistung aber sei nothwendig
tionen „nicht zu einem Ganzen verbun
immer eine, und darum könne man die
den, nicht zu einer Einheit zusammen
Solidarobligation nur als eine Obliga
gefasst.“ S. 9, 14, 15, 26 vgl. auch
tion ansehen; einer Mehrzahl würde das
S. 30 im S. A.
Substrat fehlen, da zu einer Mehrheit
3) So auch Kirchstetter S. 443 und
von Obligationen auch eine Mehrheit
Hruza, Z. L. v. d. Novation S. 130
von Leistungen gehöre. Dagegen schon
u. Note 17; anders Winiwarter IV
Hruza a. a. O. und vgl. bes. Krasno
S. 52, Stubenrauch III S. 58, 62
olski in der Ztschr. für Handelsrecht
und besonders Mages in d. ang. Schri
XVII S. 317 ff.
bes. S. 28, 36, Unger a. a. O. und
*) Es läßt sich nämlich nur daraus
S. 37 Note 76 und v. Schey, Obl.
erklären, dass der Zahlende zugleich eine
Verh. S. 259 Note 38, die den Unter¬