344
§. 410.
Nothwendig ist die Geschäftsführung (neg. necessarium), wenn da
durch ein drohender Schaden abgewendet, oder ein solcher Aufwand gemacht
wird, der dem Geschäftsherrn gesetzlich oblag.*) Sie bezweckt nicht eine
Bereicherung des letzteren, sondern eine Hintanhaltung der Verminderung
seines Vermögens.*) Dagegen nennt man die vom Gestor unternommene
Geschäftsführung eine nützliche (neg. utile), wenn sie eine Bereicherung
des Geschäftsherrn bewirkt, die sich auch im Hinblick auf seine subjectiven
Verhältnisse als solche darstellt.*2) Ist hingegen der Aufwand, den der
Gestor macht, ein solcher, dass er lediglich dem subjectiven Geschmack des
Geschäftsführers selbst, nicht aber jenem des Geschäftsherrn entspricht, dann
ist die Gestio eine voluptare, mag sie immerhin nicht speciell Vergnügen
oder Verschönerung bezielt haben.13)
Die ungerufene Besorgung fremder Geschäfte ist nach österr. Recht in
der Regel eine unerlaubte Handlung*4) und zieht daher die Haftung für
alle Folgen nach sich (§. 1035 b. G. B.; vgl. oben §.401); eine Ausnahme
von dieser Regel, so dass das ungerufene Eingreifen in fremde Angelegen
heiten als etwas Erlaubtes erscheint, macht nur 13) die nothwendige Ge
schäftsführung (§§. 1036, 1042, arg. a contr. aus §. 1311).
2) Die Wirkung der Geschäftsführung ohne Auftrag, soweit die Gestio
dem muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn oder des Gesetzes entspricht,
besteht zunächst in der Begründung eines Ersatzanspruchs des Gestor gegen
den Dominus.1) Die nothwendige Geschäftsführung berechtigt den
Gestor in dem Falle, da er zur Abwendung eines Schadens einschritt, so
weit seine Gestio eine zweckentsprechende war, Ersatz selbst dann zu fordern,
wenn seine Bemühung ohne sein Verschulden erfolglos geblieben, oder der
erzielte Erfolg durch später eingetretenen Zufall wieder vernichtet worden
15) Mit Unrecht tadelt Leist S. 192
10) Vgl. Leist S. 20, 25, 26. Z. B.
die Stilisierung des §. 1035; dieser will
der Gestor bezahlt (zu Recht bestehende,
in der That nicht nur die voluptare,
fällige) Schulden des Dominus.
*) Leist S. 27, 28.
sondern auch die nützliche Geschäftsfüh
12) Vgl. Leist S. 74, 75. Vgl. auch
rung verbieten. Auch bei der letzteren
ist der Gestor schon darum im Ver
Entsch. v. 22. Febr. 1898 Jud. B. Nr.
schulden, weil er sich nicht die Einwilligung
137 (V. Bl. Nr. 1398).
13) Leist S. 31; er rechnet von diesem
desjenigen verschafft hat, dessen Nutzen
er befördern will. Dies ist die Auf
Standpunkt (S. 32) dahin auch Aus
fassung des b. G. B., wie des A. L. R.,
lagen, die jemand lediglich infolge
nur ist sie im ersteren consequenter durch
schlechter Geschäftsführung, also etwa
führt. Vgl. oben §. 401, Note 3, 7
eigenen Leichtsinns macht. Das charakteri
16) Den Grund gibt §. 1 J. 3. 26 (27)
stische Moment beim voluptaren Aufwand
dahin an: Utilitatis causa receptum
ist das subjective (der Wille des Ver
est, ne absentium ... desererentur ne
wendenden), während beim nothwendigen
gotia, quae sane nemo curaturus esset,
und nützlichen Aufwand ein objectives,
si de eo, quod impendisset, nullam ha
mit dem Vermögen des Dominus zu
biturus esset actionem. Vgl. Leist
sammenhängendes Moment das vor
S. 165 f., der darin eine ursprünglich
wiegende ist. Leist S. 31, 34.
nur moralische Pflicht erblickt, die aber
14) Anders Leist, der die neg. gest.
in jedem einigermaßen vorgeschrittenen
schon im Titel seines Werkes als das
Rechtsleben zur Rechtspflicht erhoben
erlaubte ungerufene Eingreifen be
werde.
zeichnet.