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§. 371.
getragenen, nicht auch den älteren Pfandgläubigerns); den letzteren gegen
über kann sie nur im Wege der dem Bestandnehmer noch zu statten
kommenden Aufkündigungsfrist ausgenutzt werden. Unter der „Frist
zahlung des §. 1102 ist übrigens nicht die vertragsmäßige (ausgenommen
der Vertrag wäre intabuliert*), sondern die durch besondere Bestimmungen
anerkannte ortsübliche, und in deren Ermangelung die halbjährige des
§. 1100*0) zu verstehen.1)
Die Zweiseitigkeit der Sachenmiete bringt auch eine gewisse Ab
hängigkeit der Zinszahlungspflicht von dem vertragsmäßigen Vollgenuss
des Bestandobjectes mit sich. Wird nämlich durch außerordentliche, nicht
vorauszusehende Ereignisse (wie: Überschwemmungen, Hagelschlag, gänz
lichen Mißwachs, Krieg oder Seuche)*2) dem Bestandnehmer der Genuss
des Bestandobjectes ganz entzogen, so ist auch kein Bestandzins zu ent
richten (§. 1104). Wird durch derlei Ereignisse der Genuss nur theilweise
entzogen, so gelten verschiedene Grundsätze bei Mieten und bei Pachtungen.
Bei den ersteren tritt ein verhältnismäßiger Nachlass am Mietzinse ein13);
bei den letzteren ist aber maßgebend die Erwägung, dass die Unergiebig
keit des einen Fruchtjahres durch besondere Fruchtbarkeit eines anderen
ausgeglichen zu werden pflegt; darum kann von einem Nachlass am Pacht
zinse regelmäßig nur bei Pachtungen die Rede sein, die auf ein Jahr oder
noch kürzere Dauer beschränkt sind.*4) Selbst in diesem Falle aber ge
währt das Gesetz nicht ohneweiters einen Anspruch auf Nachlass, sondern —
der Pachter abzuwenden außerstande
) Dagegen Stubenrauch u. Arndts
ist, Anspruch auf eine remissio mercedis.
a. a. O., welche Eine Anticipativrate
Man zählt dahin außer den außer
auch den älteren Gläubigern gegenüber
gewöhnlichen Naturereignissen (Über
zur Geltung kommen lassen wollen.
schwemmung, Hagelschlag, Sonnenbrand
Ist der Bestandvertrag intabuliert
u. dgl.) auch Beschädigungen im Kriege
und darin Vorauszahlung bedungen,
und bei räuberischen Überfällen. Geht
dann kann wohl diese vertragsmäßige
die Unergiebigkeit des Grundstückes aus
Vorauszahlung als diejenige angesehen
seiner schlechten Lage oder sonstigen
werden, welche der §. 1102 im Auge
schlechten Beschaffenheit hervor (z. B. es
hat, da sie den späteren Pfandgläubigern
ist ein Ufergrundstück, das regelmäßig
nicht unbekannt sein kann.
unter Wasser gesetzt wird), so kann von
10) Denn die anderen im §. 1100 vor
einem Zinsnachlass nicht die Rede sein.
gesehenen Zahlungen sind keine Frist
VangerowIII S. 460 §. 641, Rechtslex.
zahlungen.
VII S.777, Windscheid §.400 Note 17.
*) Zeiller §. 1102 Nr. 2 versteht
13) Ebenso nach L. 15 §. 1. 7. D. loc.
unter diesen Fristen die üblichen, und
19. 2
macht bei §. 1100 darauf aufmerksam
14) Nicht ebenso nach röm. R. Dieses
dass das Gesetz im §. 1100 die bisherige
unterscheidet vielmehr dahin, dass es bei
Gewohnheit berücksichtigt habe; Stuben
einjährigen Pachtungen die Remission
rauch III S. 295 versteht unter diesen
sofort eintreten lässt, während sie bei
Fristen die gesetzlichen oder her
einer mehrjährigen vorläufig in suspenso
kömmlichen, Winiwarter und
bleibt, und erst nach Ablauf der ganzen
Ellinger die gesetzlichen.
Pachtzeit definitiv berechnet wird, wo
12) Vgl. Pfaff, Rebus sic stantibus
dann „die sterilitas des einen Jahres
mit der ubertas des anderen compensiert“
S. 112, Schoberlechner, Der Zufall
werden muss. Vangerow a. a. O.
S. 141 ff. Auch nach röm. R. geben
S. 461, Rechtslex. VII S. 776 fg.
nur außerordentliche Unglücksfälle, die