Full text: System des österreichischen allgemeinen Privatrechts (2)

96 
§. 325. 
In dem Inhaberpapiere liegt die Erklärung a) jedem Besitzer des 
Papiers und b) nur dem Besitzer leisten zu wollen. Der Erklärende knüpft 
hiemit die Forderung an den Zustand des Besitzess) des Papiers.?) Die 
Urkunde ist nicht blos Beweis=, sondern Dispositivurkunde, ohne sie gelangt 
die Forderung gar nicht zur Existenz.*0) Wer dagegen Besitzer der Ur 
kunde ist, ist zugleich Gläubiger in dem darin ausgedrückten Forderungs 
verhältnis, mag er den Besitz wie immer erworben haben. Da nun der 
Aussteller der erste Besitzer der Urkunde ist, so ist er selbst auch der erste 
Gläubiger11), nur dass freilich durch die Ausstellung sein Vermögen nicht 
vermehrt ist *2), da seine Forderung durch seine genau gleich große Schuld 
aufgewogen wird. Die Ausstellung erscheint sonach als ein einseitiges Ge 
schäft13); dass sie als ein solches anzusehen ist, ergibt sich auch aus den 
nachstehenden Erwägungen und Rechtssätzen: 
a) Ein anderer als der ursprüngliche Besitzer kann die Forderung auf 
Grund des Inhaberpapiers geltend machen, mag er den Besitz wie immer 
erworben haben; es bedarf also zur Erwerbung der Forderung keines Ver 
trags. Das Gegentheil geht auch daraus nicht hervor, dass demjenigen, 
welcher dem Aussteller das Papier entwendet oder der es gefunden oder 
S. 31, 33 f. Vgl. auch Aldler, S. 
Obl. R. II S. 99, Gerber §. 160, Be 
32 f 
seler, Syst. §. 87 Note 18, Siegel 
3) Nicht der bloßen Innehabung, wie 
S. 111. 
Siegel S. 115 und Hasenöhrl S. 46 
**) Dass das Inhaberpapier schon in 
bis 57 meinen. Umgekehrt fordert Randa 
der Hand des Ausstellers ein Vermögens 
Besitz §. 11 Note 48 und S. 161, Fragen 
stück ist, betonen schon Volkmar und 
des Genossenschaftsr. S. 13 ff., Eig, 
Löwy, Deutsche W. O. S. X. Vgl. 
312 und Note 6, S. 353 Note 41 u. a. 
Geller, G. Z. 1873 Nr. 44 Note 23, 
zur Übertragung der Forderung Über 
Hasenöhrl S. 57—60. 
tragung des Eigenthums am Papier, val. 
12) Die Forderung ist während seines 
unten §. 334 Note 3 a. 
Besitzes insofern eine ruhende. Volk 
*) Gerber §. 161, Ihering, Dogm. 
mar und Löwy S. XV 
Jahrb. X S. 444, 446. — Stein 
13) So Kuntze, Inh. P. S. 375 und 
Nr. 67, 68 will aus dem Inhaber 
Wechselrecht S. 276 (Ausstellung des 
papiere gar kein Recht entspringen 
Papiers ist „Creation“ der Forderung), 
lassen, sondern nur eine absolute, jeder 
Windscheid §. 304 Note 10, Kirch 
mann gegenüber bestehende Pflicht, der 
stetter S. 655, Geller Nr. 42; val. 
auf der andern Seite nur ein Anspruch 
Bekker, Dogm. Jahrb. XII S. 12, 14. 
gegenübersteht, und zwar darum, weil 
46, 47, Siegel S. 110 und die Citate 
die Pflicht bestehe, auch wenn es an 
S. 118—128, Unger in d. Wiener 
jedem Inhaber fehlt. Ähnlich Geller 
Ztschr. I S. 371; über den Unterschied 
Nr. 42—44, der aber doch auch hier von 
zwischen Kuntze's und Siegel's Theorie 
einer Forderung spricht. Vgl. Siegel 
vgl. den Letzteren S. 127, 128. Wesent 
S. 108 f. 
lich übereinstimmend mit dem Text: 
10) Randa G. H. 1867 Nr. 50. Weil 
Hasenöhrl S. 43 f., vgl. S. 36 ff. — 
das Papier „Träger der Forderung“ ist 
Dagegen wollen Bekker, Jahrb. d. gem. 
(Unger S. 110, Randa, Eig. S. 312 
R. I S. 266 f. und Volkmar und 
Note 6), reden die Schriftsteller von 
Löwy S. XII das Papier selbst für 
einer in dem Inhaberpapier „verkör 
den eigentlichen Gläubiger ansehen (Per 
perten Obligation", einem „verkörperten 
sonificationstheorie; vgl. auch Stein 
Willen des Schuldners", einem „ver 
Nr. 72 Note 2); gegen diese Gleich 
körperten Rechtsverhältnis", „verkörper 
stellung „der Creatur mit dem Creator“ 
ten Versprechen“. 
Vgl. Savigny, 
Kuntze, Wechselr. S. 290.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer