B. Bemerkungen über einen neuen Vorschlag zur Regelung
der Berufung in Strafsachen.
(29. April 1863.)
Der Gedanke, die Vortheile, welche die Berufung gewährt, sich zu
sichern, während doch dasjenige beseitigt wird, was die Berufung als
geradezu unhaltbar darstellt, ist bereits im k. k. Justizministerium mit
Ernst und Beharrlichkeit verfolgt worden, und hatte einen Vorschlag
hervorgerufen, welcher — blos versuchsweise aufgestellt — in verschiedenen
Umarbeitungen einer gründlichen Berathung unterzogen wurde.
Aus demselben Gedanken geht nunmehr auch der neueste Vorschlag
hervor, welcher im Wesentlichen auf folgenden Hauptpunkten beruht:
Beibehaltung der im Entwurfe vorausgesetzten Gerichtsver
fassung (d. h. Nichteinführung der Bezirks=Collegialgerichte), wobei jedoch
kleinere Sprengel für die erste Instanz, für die zweite nach Bedarf
Appellsenate gewisser Landesgerichte zur Stellvertretung für die Ober
landesgerichte gefordert werden.
2. Ausschließung der Berufung, so weit sie, ohne Geltendmachung
von Nichtigkeitsgründen, auf Abänderung der dem Angeklagten
günstigen thatsächlichen Feststellung der ersten Instanz gerichtet ist.
3. Berechtigung der Berufungsbehörde, je nach ihrer Auffassung:
a) den in erster Instanz Verurtheilten sofort freizusprechen; oder
b) vorher einzelne Auskunftspersonen selbst zu vernehmen; oder
endlich
eine nochmalige Verhandlung in erster Instanz vornehmen zu
lassen.
Zu diesen bereits ausgesprochenen Hauptpunkten muß wohl unver
meidlich hinzukommen:
4. Daß die Beschränkung der Berufung hinsichtlich des Strafaus
maßes u. s. w., wie sie der Entwurf aufstellt, und das nur unter dieser
Vorgussetzung passende einfache Verfahren wieder beseitigt werden.
Bei aller Anerkennung der diesem Vorschlage zu Grunde liegenden
Endabsicht muß man sich dennoch gegen denselben aus folgenden Grün
den aussprechen: