Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

Zur österreichischen Strafproceßordnung von 1853. 
richten zur Pflicht gemacht wird solche Mittheilungen nachzutragen, 
wenn sie aus Dringlichkeitsgründen nicht vor dem Acte erfolgen konnten. 
Daß auch Enderkenntnisse der Staatsanwaltschaft nur zur Einsicht, 
nicht in Abschrift, mitgetheilt werden, ist insofern unbedenklich, als in 
jenen wenigen Fällen, wo der Staatsanwalt zur Berufungsausführung 
der Entscheidungsgründe längere Zeit bedarf, das Kanzleipersonale der 
Staatsanwaltschaft eine Abschrift anfertigen kann. 
In dieselbe Ka 
tegorie gehört die Bestimmung des §. 4 über die Beglaubigung des 
Handzeichens eines des Schreibens Unkundigen, die des §. 9 über die 
Unterlassung der Vorladung des Beschädigten, wenn von seiner Aus 
sage keine Aufklärung zu erwarten ist und er auf die Vorladung zu 
der (durch unmittelbare Vorladung veranlaßten) Schlußverhandlung selbst 
verzichtet; — die des §. 10, welche im Fall einer solchen Schluß 
verhandlung die Anklageschrift entfallen läßt. So wie die Anklage 
schrift ist im System der Strafproceßordnung vom J. 1853 auch das 
im §. 216 angeordnete vorläufige Verhör des Angeklagten durch den 
Vorsitzenden und die Zeugenliste der Staatsanwaltschaft überflüssig, 
wenn diese nicht in der That neue Anträge zu stellen hat. Wenn 
also die §§. 12 und 13 beide auf Fälle einschränken, wo sie allein 
noch allenfalls einigen Nutzen gewähren können, so ist darin eine 
zweckmäßige Vereinfachung gewiß nicht zu verkennen. 
Auch die Bestimmung des §. 15, nach welcher eine eingestellte 
Untersuchung jederzeit wieder aufgenommen werden kann, ohne daß der 
bezügliche Beschluß einem Rechtszuge unterworfen oder an die Parteien 
auszufertigen wäre, ist in der Natur des Einstellungsbeschlusses voll 
kommen gegründet, und die dadurch herbeigeführte Vereinfachung wird 
durch kein Opfer erkauft. 
Nach §. 16 „können" alle Angelegenheiten wegen Uebertretungen 
bei den Oberlandesgerichten in einer Versammlung von einem Vorsitzen 
den und zwei Richtern (beim obersten Gerichtshof von vier Richtern) 
entschieden werden. Dies steht mit dem System der Strafproceßord 
nung, welche sich bei Aburtheilung der minder schweren Verbrechen in 
erster Instanz mit einem Collegium von Dreien begnügt, nicht in 
Widerspruch. Dagegen scheint die facultative Fassung der fraglichen 
Gesetzesstelle eine Ausnahme von der Regel des §. 20 der St. P. O. 
zu enthalten, nach welcher die Zahl der Richter eine unverrückbar fest 
gestellte sein soll. — Die Bestimmungen über die Protokollführung in 
Uebertretungssachen (§§. 17 und 19) gehören ebenfalls zu den An 
ordnungen dieser Kategorie; sie ändern äußere Formalitäten, ohne auf 
den Gang des Processes selbst, den sie nur erleichtern, direkt zurück 
zuwirken. Diese Anordnungen und ihre Einwirkung auf das Ver 
fahren in Uebertretungssachen, die Hinweisung des §. 19 auf künftige 
Anordnungen, durch welche den Polizei= oder politischen Behörden die 
Bestrafung einiger im allgemeinen Strafgesetz vorgesehenen Ueber 
tretungen zugewiesen werden sollen, endlich die Aufhebung der Justiz 
ministerialverordnung vom 7. August 1857, Nr. 148, und die an 
deren Stelle tretenden Bestimmungen der §§. 20 und 21 geben ein
	        
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