Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

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Non bis in idem. 
für jene That gelten, auf welche sich die Anklage oder der Wahrspruch 
bezog. Nach dem Art. 374 und 379 des Code vom 3. Brumaire IV 
mußten sich die an die Urtheils=Geschwornen zu richtenden Fragen 
sowohl auf die den Gegenstand der Anklage bildende That als auch 
auf alle Thatumstände beziehen, welche, den Verhandlungen oder der 
Vertheidigung des Angeklagten gemäß, die Bedeutung der That, ja 
selbst die juristische Natur derselben ändern konnten. Unter der Herr 
schaft dieser Gesetzgebung mußte allerdings die Freisprechung den An 
geklagten gegen jede neue Verfolgung, sei es wegen der in der Anklage 
berührten That (le fait de l’accusation), sei es wegen irgend einer 
Modification oder einer anderweitigen strafrechtlichen Gestaltung der 
selben schützen. Allein der Code d’Instr. crim. hat andere Regeln 
aufgestellt, welche nothwendig diesen Grundsatz berühren mußten. Nach 
den Artikeln 337—339 dieses Gesetzes ist der Präsident nur verpflichtet, 
den Geschwornen in der Hauptfrage die Thatsache (le fait de l’accu 
sation) mit den ihr in der Schlußformel der Anklageschrift beigemes 
senen Umständen und Merkmalen anheimzustellen und in Zusatzfragen 
die aus der Verhandlung sich ergebenden Erschwerungsumstände und 
die vom Angeklagten geltend gemachten und vom Gesetz anerkannten 
Strafausschließungs= und Milderungsgründe (faits d’excuse) aufzu 
nehmen. Hat nun der Präsident, diesen Artikeln entsprechend, die Ge 
schwornen über Thatumstände nicht befragt, welche in der Schlußformel 
der Anklageschrift nicht enthalten, dagegen aber geeignet waren, der 
That einen ganz anderen Charakter aufzuprägen, als welchen ihr die 
Anklageschrift beimißt: so wäre es eine offenbar falsche Anwendung 
des Art. 360, wenn man den dort aufgestellten Grundsatz unterschei 
dungslos auf alle strafrechtlichen Gestaltungen ausdehnen wollte, welche 
die That dem Gesetze zu Folge annehmen könnte, während doch in 
Bezug auf diese weder eine Anklage, noch ein Wahrspruch erging. 
Im vorliegenden Falle legte die Anklageschrift dem Johann Diffis 
nur eine absichtliche Tödtung, welche nach Art. 295 als Todtschlag 
erklärt und nach Art. 304 des Code pénal zu strafen ist, zur Last; 
nur über die so charakterisirte That hat der Präsident die Geschwornen 
befragt und haben diese geantwortet. Diese Anklage, diese Frage, diese 
Antwort hatten mit der Anschuldigung einer fahrlässigen Tödtung im 
Sinne des Art. 319 des Code pénat gar nichts gemein. Träte daher 
nicht bezüglich des für Diffis abgegebenen Wahrspruches ein ganz be 
sonderer Umstand ein, so hätte die hierauf ergehende freisprechende Or 
donnanz auf die Anklagethatsache sich beschränken müssen und ihn daher 
nicht der Verfolgung wegen des erwähnten Vergehens entziehen dürfen, 
in Bezug auf welches weder Anklage, noch Untersuchung, noch Wahr 
spruch vorlag."“2) Worin lag nun der „ganz besondere Umstand", der 
schließlich dahin führte, daß auch der Cassationshof, die ganze mühsam 
dargelegte Theorie bei Seite lassend, die Verfolgung des Diffis wegen 
*) Legraverend II. p. 82. 83.
	        
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