Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

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im französischen Schwurgerichtsverfahren. 
6. Weder der Untersuchungsrichter noch der Staatsanwalt ist be 
rechtigt, Acte der Zwischenuntersuchung vorzunehmen oder vornehmen 
zu lassen; werden die auf diese Weise aufgenommenen Protokolle in 
der Hauptverhandlung als Beweise benützt, so hat dies Nichtigkeit 
der Verhandlung zur Folge.58 
7. Die Parteienrechte des Angeklagten sind bei Acten der Zwischen 
untersuchung eben so beschränkt, wie in der Voruntersuchung. Er hat 
weil sich darunter viele bereits früher Vernommene befanden, „weil er somit einen 
Uebergriff begangen, die Competenzregeln verletzt und das Recht der Vertheidigung 
beeinträchtigt habe.“ Nicht lange darauf (am 22. April 1836) erwirkte Dupin 
ein Erkenntniß, durch welches eine solche wiederholte Vernehmung zweier Zeugen 
für giltig erklärt wurde: „Wenn art. 303 von neuen Zeugen spricht, so verbietet 
er doch nicht ausdrücklich die wiederholte Abhörung bereits Vernommener; viel 
mehr ermächtigt der ihn beherrschende art. 301 zur Fortsetzung der Vorunter 
suchung, somit auch zu jedem rechtlich zulässigen Untersuchungsacte... Das 
Recht, neue Zeugen zu vernehmen, schließt nothwendig das Recht ein, bereits ab 
gehörte nochmals vorzurufen, um von ihnen die Angabe neuer Zeugen zu erlangen, 
oder durch sie die Aussagen der Letzteren zu prüfen.“ Diese letztere Wendung 
begünstigt allerdings noch eine einschränkende Auslegung, wie sie Hélie (im 
Wesentlichen in dem im Texte bezeichneten Sinne) mit schlagenden, aus der Natur 
der Sache gewonnenen Gründen zu vertreten sucht. Allein eine C. E. vom 
22. April 1847 (Dalloz n. 1348) hebt ausdrücklich hervor, daß das Gesetz 
zwischen neuen und schon in der ersten Untersuchung gewonnenen Thatsachen nicht 
unterscheide, und Rolland n. 12 führt auch noch spätere Enscheidungen aus 
den J. 1852 und 1854 an. Ja Hélie selbst kann nicht unterlassen, da, wo 
er von den zulässigen Untersuchungsacten spricht (551) hinzuzufügen: „Die einzige 
Bedingung ist, daß alle diese Maßregeln die Feststellung oder Erprobung neuer 
Thatsachen oder neuer Zeugen oder die Vorbereitung der mündlichen 
ptverhandlung zum Zwecke haben. 
Hau, 
*) In einem der C. E. vom 27. Aug. 1840 zu Grunde liegenden Falle 
hatte der Generalprocurator, um die Angabe des Angeklagten, seine Flinte sei 
zufällig losgegangen, weil er unversehens in einen Graben getreten, zu widerlegen, 
dem Friedensrichter aufgetragen, unter Beiziehung eines Sachverständigen die 
Oertlichkeit genau zu besichtigen und einen Plan aufzunehmen. Protokoll und 
Plan waren den Untersuchungsacten beigefügt (und somit jedenfalls den Ge 
schworenen in ihr Berathungszimmer mitgegeben) worden. Das Verfahren ward 
vernichtet, weil der Generalprocurator sich Functionen angemaßt habe, welche nach 
Fällung des Verweisungserkenntnisses nur dem Assisenpräsidenten zukommen.  
In einem anderen Falle hatte der Friedensrichter auf Befehl (oder auf Einladung) 
des Generalprocurators achtundsiebzig Zeugen abgehört; und der Präsident das 
Vernehmungsprotokoll kraft seiner discretionären Gewalt den Acten einverleibt. 
Auch diesen Vorgang erklärte der Cassationshof (26. August 1847) für unregel 
mäßig, sah ihn aber als durch die discretionare Gewalt, durch die (angenommene) 
Nichtmitgabe des Actes in das Berathungszimmer und durch die Unterlassung 
von Reclamationen bei der Hauptverhandlung gedeckt an (Dalloz n. 1345. 1347). 
Allein das unbestrittene Recht der Staatsanwaltschaft, für ihre Zwecke Nach 
forschungen zu veranlassen (z. B. um die nöthigen Materialien für die Zeugen 
liste zu gewinnen) einerseits, die unbegrenzte discretionäre Gewalt andererseits 
werfen auch hier alle Schranken nieder. So sind Fälle vorgekommen, wo die 
Staatsanwaltschaft Buchauszüge anfertigen, Personen durch einen Friedensrichter 
oder die Gendarmerie vernehmen ließ u. s. w., und wo das pouvoir discré 
tionnaire des Präsidenten die Protokolle den gerichtlichen Acten einverleibte, ohne 
daß Nichtigkeit eintrat. Desgleichen ein Fall, wo der Untersuchungsrichter eigen 
mächtig die Untersuchung wieder eröffnet hatte. Hélie VIII. 493. Rolland 
n. 27—35.
	        
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