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Vorbereitung der Hauptverhandlung
3. Die Anklageschrift hat sich auf die im Verweisungserkenntnisse
zugelassene Anklage ohne Hereinziehung ungehöriger Elemente zu be
schränken; eine solche wird begangen:
a) durch Beschuldigungen gegen Personen, gegen welche keine
Anklage (oder doch diese Anklage nicht) erhoben ist:s
b) durch Erwähnung von Anschuldigungen, welche das Verweisungs
erkenntniß ausdrücklich oder stillschweigend fallen ließ;
wogegen
es unbenommen sein soll, nicht blos Erschwerungsumstände, welche
das Verweisungserkenntniß nicht kennt, im erzählenden Theile der An
klageschrift zu behaupten,’) sondern auch andere strafbare Handlungen
des Angeklagten zu erwähnen, wegen welcher dieser aber nicht vor das
Geschwornengericht gestellt wird.*)
4. Sie soll die Umstände der That und die Person des Ange
klagten so deutlich bezeichnen, als dies nach den Acten möglich ist.*
II. Für die Anklageformel (résumé) gilt die Regel, daß die
Anklageformel der Anklageschrift mit der des Verweisungserkenntnisses
der Sache nach genau übereinstimmen soll.
Hieraus ergibt sich aber für den Verfasser der Anklageschrift die
Gefahr, in zwei entgegengesetzte Arten von Fehlern zu verfallen:
solche, die dem Verweisungserkenntnisse und der Anklageschrift ge
meinsam sind, und solche, die aus der Abweichung der letzteren von
ersterem entstehen:
1851 begründet dies Nichtigkeit wegen Verletzung des Princips der Mündlichkeit
(die Anklageschrift wird nicht blos verlesen, sondern den Geschwornen ins Be
rathungszimmer mitgegeben, während die Vernehmungsprotokolle zurückzuhalten
sind — art. 341 C. d’I.); dagegen können dieselben Aussagen im vollsten Um
fange vorgebracht werden, sobald sie nur nicht in der Form des Protokolles, viel
mehr als von der Staatsanwaltschaft erzählt erscheinen Anspach Procédure
devant les Cours d'Assisses [Bruxelles 1856] p. 2).
*) Es sollte dies sowohl in dem Falle gelten, wo Anderen überhaupt kein
Proceß gemacht wurde, als in dem, wo man ihn gegen sie nicht weiter führte.
In einem Falle der letzteren Art war nach älterem Rechte (C. E. v. 30 Fri
maire XII) vernichtet worden. Ein Fall der ersteren Art, wo in einem politischen
Processe die Anklageschrift die Abgeordneten B. Constant, Foy, Kerartry und
Laffitte als die eigentlichen Urheber des verfolgten Verbrechens bezeichnete, er
hoben die so Bezeichneten Klage gegen den Generalprocurator. Diese Klage ward
vom Cassationshofe (24. Dec. 1822) zurückgewiesen, weil „der Generalprocurator
in der Anklageschrift Alles vereinigen soll, was ihm zur Qualification der Anklage
und zur Beweisführung dienlich scheint“ (siehe dagegen Hélie l. c. 418—420).
Es versteht sich daher von selbst, daß die Praxis des Cassationshofes es billigt,
wenn die Anklageschrift von den Aussagen bereits freigesprochener Mitangeklagten
Gebrauch macht (C. E. v. 28. Dec. 1838, Dalloz Répertoire verbo In
struction criminelle N. 1190).
5) Hélie l. c. 417.
C. E. v. 15. April 1847, Dalloz N. 1198.
*) C. E. v. 4. März 1848, Dalloz N. 498. Rolland de Villargues
Codes criminels, Instr. crim. art. 241 n. 39.
*) C. E. v. 20. Nov. 1838 erkennt an, daß Name, Signalement und Wohnort
des Angeklagten anzugeben seien, sofern die Untersuchung das Material dazu
bietet, aber auch nur dann; die Behauptung des Angeklagten, er sei nicht die in
der Anklageschrift bezeichnete Person, sei ein von der Jury zu würdigendes Ver
theidigungsmoment.