Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

Adhäsionsproceß. 
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„Aus derselben Thatsache erwachsend, allein abgeleitet aus der durch 
diese hervorgebrachten doppelten Verletzung, unterscheiden sie sich von 
einander durch die Verschiedenheit des von ihnen gewahrten Interesse, 
durch die nothwendige Verschiedenheit ihres Charakters, durch den 
Zweck, den sie verfolgen. Allein trotz dieser Verschiedenheiten stehen 
sie einander sehr nahe, weil sie einen gemeinsamen Endzweck haben: 
die vollständige Beseitigung des durch die strafbare Handlung herbei 
geführten Schadens.“ (Hélie l. c. II. 180). Es ist mit diesen 
Worten sehr treffend angedeutet, daß die beiden Klagen im französischen 
Recht nicht streng gesondert sind. Man kann daher namentlich nicht 
sagen, daß die Civilpartei in Frankreich auf die Geltendmachung des 
Geldpunktes beschränkt sei und an der Verfolgung der strafbaren Hand 
lung keinen Antheil habe. Vielmehr begründet die französische Civil 
tlage — und hierin liegt ihr wesentlicher Unterschied von der Adhäsion, 
wenigstens des älteren deutschen Rechtes — eine participation in 
directe à la mise en mouvement de l'action publique. Die Civil 
partei kann ohne und gegen den Willen der Staatsanwaltschaft durch 
unmittelbare Ladung die Verhandlung vor dem Polizei= und Zucht 
polizeigericht herbeiführen, sie kann bei dieser Verhandlung allerdings 
nicht den Antrag auf Anwendung der Strafe stellen, allein die bloße 
Anhörung des Staatsanwaltes, gleichviel ob er auf Freisprechung oder 
Verurtheilung anträgt, ja, wie Manche behaupten, seine bloße An 
wesenheit genügt, um das Gericht in die Lage zu versetzen, auf die nach 
seiner Ansicht verwirkte Strafe zu erkennen. Zieht der Verletzte es vor, 
eine Voruntersuchung zu veranlassen, so kann er dies, indem er sich 
unmittelbar an den Untersuchungsrichter wendet und gegen dessen ab 
lehnende Verfügung sich bei der Anklagekammer beschwert. Zu weit 
scheint aber Ortloff zu gehen, wenn er sagt, daß auch nach Ableh 
nung dieser Beschwerde durch die Anklagekammer (die Raths 
kammer, von welcher Ortloff noch spricht, ist durch das Gesetz vom 
17. Juli 1856 abgeschafft) „der Verletzte am correctionellen Unter 
gericht doch eine Civilklage auf Schadenersatz erheben könne." Soll 
hiemit die Betretung des Civilrechtsweges gemeint sein, so ist dies 
vollkommen richtig, weil hier die Constituirung als Civilpartei im 
Strafproceß gleich Anfangs abgelehnt und somit ohne rechtliche Wir 
tung ist; soll es aber bedeuten, daß der Civilpariei noch immer die 
unmittelbare Ladung freistehe (deren Ortloff ausdrücklich nur hinsicht 
lich der Contraventionen gedenkt), so wäre dies unrichtig; der Cassa 
tionshof hat wiederholt Entscheidungen gefällt, aus welchen das 
Gegentheil folgt. (Rolland de Villargues Instr. crim. Art. 182 
Nr. 19. Hélie VII. 614.) Zwar nicht auf dem Wege der un 
mittelbaren Ladung, wohl aber auf gleiche Art, wie bei Vergehen 
durch Angehung des Untersuchungsrichters und der Anklagekammer 
kann die Civilpartei auch im Schwurgerichtsverfahren die Hauptver 
handlung herbeiführen, für die Ueberweisung des Angeklagten thätig 
sein, die Geschwornen anreden und somit auf das „Schuldig" hin 
wirken. Der Beschädigte nimmt also im Strafproceß eine Stellung 
Glaser, kleine Schriften. 2te Aufl.
	        
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