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Versetzung in Anklagestand.
das Strafgericht gehören. Bei letztern ist es, gleichviel, ob eine Vor
untersuchung stattgefunden hat oder nicht, Sache des Staatsanwalts,
welcher bis zur Erhebung der Anklage jederzeit von der Verfolgung
zurücktreten kann (§. 26), dem Strafgericht die Anklageschrift ein
zureichen. Findet der Vorsitzende diese unbedenklich, so ordnet er die
Hauptverhandlung an; scheint ihm, daß die Anklage abzuweisen sei,
oder daß sie vor das Schwurgericht gehöre, so holt er den Beschluß
des Collegiums ein (§§. 135—138). Zu den Gründen, um deren
willen die Anklage abgewiesen wird, gehört auch der Fall, daß „in
Ermanglung eines in der Voruntersuchung abgelegten Geständnisses
auch überall keine rechtlich zulässigen Beweismittel angegeben sind'
(§. 137 3. 2).
Ist der Staatsanwalt (§. 191) der Ansicht, daß eine Schwur
gerichtssache vorliege, so übersendet er sofort Anklageschrift und Acten
der Anklagekammer des Obergerichts. Erachtet das Strafgericht, daß
eine solche vorliege, so übersendet es die Acten der Anklagekammer und
benachrichtigt davon den Staatsanwalt (§. 138 vgl. §: 190). Die
A. K. kann die Einstellung des strafrechtlichen Verfahrens auch aus
dem Grunde beschließen, weil sie „den Angeschuldigten des ihm zur
Last gelegten Verbrechens nicht verdächtig“ findet, d. h. weil nicht
„dringende Verdachtsgründe gegen ihn vorliegen (§§. 193, 194). Da
gegen darf sie Strafausschließungsgründe so wenig berücksichtigen,
als (in diesem Stadium) das Strafgericht (§. 194 Abs. vgl. mit
§. 137); von Strafaufhebungsgründen ist nur die Verjährung
erwähnt (§. 137 Z. 4); daneben ist auch der res judicata gedacht
Für den „Beschluß der Anklagekammer, die Sache
(§. 137 3. 5).
an das Geschwornengericht zu verweisen", ist keine nähere Vorschrift
gegeben; es scheint weder einer Begründung, noch einer selbstständigen
Formulirung der Anklage zu bedürfen (§. 195) und eben darum auch
keiner Umarbeitung der Anklageschrift. — Die Hauptfrage an die
Geschwornen muß auf das „Verbrechen, welches den Gegenstand der
Anklage bildet“, gehen. Daneben kommen nur auf ein geringeres
(oder minder umfassendes) Verbrechen gerichtete Fragen vor (§. 208).
M. Nach dem kurhessischen Ges. v. 28. October 1863 wird
ebenfalls zwischen solchen Sachen, die vor das Schwurgericht gehören,
und solchen, die das Obergericht aburtheilt, unterschieden. — Bei letz
teren ist die Voruntersuchung (Instruction) nicht obligatorisch (§§. 105,
Die Anklage wird jedenfalls unmittelbar beim Vorstand des
107).
Criminalsenats angebracht, welcher die Hauptverhandlung anordnen
kann (§. 128 Abs. 4). Zur Zurückweisung der Anklage dagegen ist
ein Beschluß des zur Entscheidung in der Hauptverhandlung berufenen
Collegiums erforderlich; sie kann erfolgen: wegen Incompetenz,
wegen der Nothwendigkeit vorläufiger Aufklärung einzelner Punkte,
weil die Anklage rechtlich unbegründet oder verjährt ist, und, wenn
ein Instructionsverfahren vorausgegangen ist, auch „vollständiger Ent
lastungsbeweis unzweifelhaft vorhanden ist", oder „ein zur Bejahung
der Schuldfrage führendes Ergebniß der mündlichen Verhandlung mit