Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

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Preßrecht. 
V. Bei eigentlichen Preßdelicten ist der Anklagegrundsatz streng fest 
zuhalten; es bedarf weder einer gerichtlichen Voruntersuchung, 
noch eines gerichtlichen Erkenntnisses über die Versetzung in den 
Anklagezustand, noch endlich eines Verhöres in der öffentlichen 
Hauptverhandlung. 
Es ist wünschenswerth, daß in Ländern, in welchen Geschwornen 
gerichte bestehen, denselben alle Processe wegen des Inhaltes 
von Druckschriften zugewiesen werden. 
Unabhängig von den Vorschriften über Verjährung soll die Ver 
folgung jeder Druckschrift ausgeschlossen sein, welche während 
einer bestimmten Zeit, während welcher ihre Verfolgung im In 
lande möglich war, unverfolgt geblieben ist. 
Begründung. 
Zu I. 
Es gibt ohne Zweifel Delicte, bei welchen es zwar denkbar ist, 
daß sie auf dem Wege der Presse verübt werden, bei welchen dies aber 
eine für die Hauptsache gleichgiltige Modalität ist. Hieher gehören 
vor Allem die Injurien und jene öffentlichen Verbrechen, welche sich 
ihrem Wesen nach als qualificirte Injurien darstellen; hieher gehört 
ferner die Gotteslästerung, da wo man sie noch als ein selbstständiges 
Delict ansieht. Nicht minder ist dies bei Betrug, Fälschung, Erpres 
sung, Bedrohung, Mißbrauch der Amtsgewalt (durch Erlassen einer 
gedruckten Verfügung) und dgl. mehr der Fall. Die Begriffe dieser 
Delicte sind überall schon festgestellt gewesen, ehe die Frage über die 
Grenzen der der Presse zu gewährenden Freiheit durch den Uebergang 
vom Präventiv= zum Repressivsystem in den Vordergrund gestellt wurde. 
Bei diesen Delicten hat die Berufung auf die allgemeinen Strafgesetze 
und Strafrechtsgrundsätze einen deutlichen Sinn, und es kann hier 
unbedenklich der Satz aufgestellt werden, daß es im Allgemeinen weder 
nothwendig, noch gerechtfertigt sei, wenn bei der Abgrenzung des 
Begriffes') der Presse eine Ausnahmsstellung bereitet wird. 
Im Allgemeinen ist indeß die Bedeutung dieser Art von Preß 
delicten (sie werden hier der Kürze halber als uneigentliche Preß 
delicte bezeichnet werden) eine sehr geringe. Allerdings aber kommt 
noch in Betracht, daß die Anstiftung zu jeder Art von Verbrechen 
*) Für das Strafmaß wird die erhöhte Publicität allerdings von Einfluß 
sein können, ebenso wird es sich rechtfertigen lassen, wenn da, wo es auf die An 
wendung eines gewissen Maßes von Vorsicht und Sorgfalt ankommt, wie z. B. 
bei Verbreitung injuriöser Nachrichten, an Druckschriften ein strengerer Maßstab 
angelegt wird, als an mündliche oder schriftliche Aeußerungen im Privatverkehr. 
— Ganz unberücksichtigt bleiben in diesem Gutachten, nach der gestellten Frage 
jene strafbaren Handlungen, welche nicht unmittelbar durch Druckschriften verübt 
werden. (Vergl. z. B. die in der Englischen Parlamentsacte 6 et 7 Vict. cap. 96. 
sect, 3 enthaltene Strafbestimmung gegen Erpressungen, welche durch die Drohung, 
etwas zu drucken oder nicht zu drucken, unterstützt werden.)
	        
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