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Entwurf eines Gesetzes über Ehrenbeleidigungen.
die Geltendmachung seiner Rechte möglich zu machen, andererseits aber
auch den Angeklagten gegen eine endlose Ernennung der Angriffe wegen
einer und derselben Handlung zu schützen, sowie zu verhüten, daß Mit
glieder eines geschlossenen Ganzen durch voreilige Schritte die Ge
sammtheit in eine schiefe Stellung bringen
Wird ein Beamter oder eine Behörde angegriffen, so kann es
unter Umständen ganz passend sein, daß der vorgesetzten Behörde ein
Mittel geboten ist, die Sache zum gerichtlichen Austrag selbst ohne
Begehren des zunächst Angegriffenen zu bringen, wie wenn er eben
solcher Handlungen beschuldigt ist, wegen welcher ihn die vorgesetzte
Behörde zur Verantwortung ziehen müßte. Andererseits kann es mit
unter wieder ganz gerecht sein, daß die vorgesetzte Behörde sich des
Angegriffenen vor Gericht annimmt, und ihm die Kosten und die pein
liche Stellung erspart, in welche in Processen dieser Art der Ankläger
auch im günstigsten Falle leicht geräth.
Die im §. 494 aufgenommene Bestimmung entspricht (gleich der
des §. 492 Abs. 2) einem in der Praxis lebhaft gefühlten Bedürfniß
und wird dem Richter eine gerechte Entscheidung in vielen Fällen mög
lich machen, in welchen er bisher durch die Unvorsichtigkeit des Einen
oder durch die schlaue Berechnung des Anderen gehindert war, eine
der distributiven Gerechtigkeit vollkommen entsprechende Entscheidung
zu fällen.
Aus Anlaß des §. 495 ist nur über Z. 1 zu bemerken, daß die
frühere Fassung auch auf solche Vertreter auswärtiger Staaten sich zu
beziehen schien, welche nicht bei der österreichischen Regierung be
glaubigt sind.
Nach den eigentlichen Ehrenbeleidigungen behandelt der Entwurf
einige verwandte Fälle. Unter diesen obenan steht eine dem bisherigen
Rechte fremde, aber auch vielfach vermißte Bestimmung (§. 497).
Es kann nämlich Fälle geben, wo eine Mittheilung nicht als Ver
leumdung oder falsche Beschuldigung strafbar wird, weil sie überhaupt
nicht oder doch nicht unbedingt sich auf eine unehrenhafte Handlung
bezieht, und ebensowenig als Beschimpfung, weil entweder berechnende
Bosheit oder Leichtfertigkeit, nicht aber animus injuriandi als Beweg
grund der Handlung erscheint.
Es genügt wohl, als Beispiel den oft vorgekommenen Fall anzu
führen, wo fälschlich die Nachricht verbreitet wird, daß ein Handlungs
haus die Zahlungen eingestellt habe. Es liegt am Tage, daß dem durch
solche Aeußerungen Betroffenen ein Mittel der Abhilfe geboten sein
muß, und daß eine durchgreifende Abhilfe hier wie bei falschen Be
schuldigungen oft nur in einem die Unwahrheit des Gerüchtes konsta
tirenden Erkenntniß gefunden werden kann.
Eben deßhalb mußten auch hier dieselben Unterscheidungen rück
sichtlich der Oeffentlichkeit der Aeußerung und des guten Glaubens des
Urhebers oder Verbreiters der Nachricht beobachtet werden wie bei der
falschen Beschuldigung.
In den §§. 498 und 499, welche der Sache nach dem bisherigen