Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

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Kleinere Beiträge zum materiellen Strafrecht. 
Diese Verletzung kann allerdings, wie der Cassationshof wiederholt 
ausgesprochen, indirect in der Weise stattfinden, daß eine ganze Ge 
nossenschaft, welcher eine bestimmte Person angehört, ausnahmslos be 
schimpft (u. s. w.) wird, somit der Schimpf auch auf diese bestimmte 
Person nothwendig zurückfällt. Hier aber stellt sich die Frage vom 
entgegengesetzten Gesichtspunkte aus dar; es handelt sich nämlich darum, 
ob durch unbestimmte Bezeichnung einer Person, welcher allein eine 
bestimmte unehrenhafte Handlung zur Last gelegt wird, alle jene Per 
sonen beleidigt werden, auf welche gleichmäßig jene Bezeichnung paßt, 
von welchen daher vermuthet werden könnte, daß sie gemeint waren? 
Durch die vorliegende Entscheidung allein dürfte die Frage kaum defi 
nitiv erledigt sein; die bejahende Antwort hat die Schwierigkeit gegen 
sich, daß es der fraglichen Thatsache an der zur strafrechtlichen Be 
handlung erforderlichen Präcision fehlt und daß namentlich die Absicht, 
jene dritte Personen zu beschimpfen, in vielen solchen Fällen nur durch 
Fiction angenommen werden kann; anderseits ist nicht zu verkennen, daß 
man auch gegen solche Handlungen des Schutzes bedarf — eines Schutzes, 
den das gemeine Recht allerdings am besten dadurch zu gewähren ver 
mochte, daß dem Angeklagten zum Widerruf Gelegenheit geboten wurde. 
Die Entscheidung vom 16. August 1854 Nr. 8798 enthält einen 
sehr schätzbaren Beitrag zu der auf dem Gebiete der modernen öster 
reichischen Gesetzgebung noch ganz neuen Lehre von der Erpressung 
und zwar gerade zu der aridesten Partie dieser Lehre. Der Unterschied 
zwischen der im §. 98, (lit. b) des St. G. definirten Art der Er 
pressung, und der im §. 99 des St. G. vorgesehenen gefährlichen 
Drohung liegt nämlich nur darin, daß zwar in beiden Fällen, es dem 
Handelnden darum zu thun ist, den Beschädigten in ernste Unruhe zu 
versetzen, im ersten Fall aber diese Unruhe ihm den Weg zur Erreichung 
eines bestimmten Zweckes bahnen, den Beschädigten nämlich zu einer 
Leistung, Duldung oder Unterlassung bestimmen soll. Es enthält also 
die Erpressung nebst der rechtswidrigen Beunruhigung des Bedrohten 
noch ein anderes rechtswidriges Moment, noch eine wesentlich ver 
schiedene Verletzung seiner Rechte. Je nach der Natur der erpreßten 
Leistung u. s. w. wird nämlich das Vermögen, die Freiheit oder die 
Ehre des Bedrohten verletzt. Folgt nun hieraus allerdings unverkenn 
bar, *3) daß der Begriff der Erpressung auf solche Fälle ein 
dicetur, quo adversus bonos mores convicium fieret, in eum judicium 
dabo — — §. 9. „Cui“ non sine causa adjectum est; nam si incertae per 
sonae convicium fiat, nulla executio est. 
23) In der allerhöchsten Entschließung vom 19. Juni 1835 waren beide Arten 
der gefährlichen Drohung doch noch nicht so scharf von einander gesondert; nur 
so erklärt sich's wohl, daß Waser in seinem für diese Lehre wichtigen Beitrag 
zur Erläuterung obiger allerhöchsten Entschließung die unerlaubte Selbsthilfe als 
möglichen Zweck der gefährlichen Drohung mitzählt (Oesterr. Zeitschr. für Rechtsw. 
1840, II., S. 338 ff. §. 12). Auf diese Art würde der Hausherr, welchen sein 
Diener nicht einlassen will, wenn er diesen mit einer schweren Verletzung bedroht, 
um ihn zu bestimmen, ihm die Thür des eigenen Hauses zu öffnen, nicht blos
	        
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