Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

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Kleinere Beiträge zum materiellen Strafrecht. 
Hauptsache, so ist die Eingehung der zweiten Ehe nur eine Einleitung 
zu einer ganzen Reihe, zu einem förmlichen System von Pflichtver 
letzungen, und das Beharren in diesem Zustande eine fortdauernde 
Erneuerung, eine Fortsetzung des Verbrechens. In jenem Fall beginnt 
daher die Verjährung mit dem Tage der Eheabschließung, in diesem 
mit demjenigen, wo entweder das verletzte Recht oder seine Verletzung 
(das bigamische Verhältniß) aufhört. 
Dem Wortlaute nach (und dadurch, daß es den Unverheiratheten, 
welcher wissentlich mit einer verheiratheten Person eine Ehe eingeht, 
nicht mehr, wie das Josephinische Strafgesetz, als Theilnehmer, sondern 
als Mitschuldigen behandelt) scheint das Strafgesetz vom J. 1803 
und nach ihm das von 1852 ersteren Standpunkt einzunehmen. Allein 
der Platz, welcher dem Verbrechen der zweifachen Ehe zum Unterschiede 
von anderen Unzuchtsverbrechen im Systeme dieses Gesetzes eingeräumt 
ist, läßt wohl keinen Zweifel daran aufkommen, daß hier, sowie im 
Code pénal das verletzte Privatrecht des verlassenen (ersten) Ehe 
gatten den eigentlichen Gegenstand des Verbrechens bildet. 
Spricht schon diese Betrachtung für die Richtigkeit der vom 
Cassationshof gebilligten Ansicht, so wird dieselbe auch durch die Be 
handlung der Verjährung im österreichischen Strafgesetz sichtlich 
unterstützt; da keineswegs (worauf wir vielleicht künftig zurückzu 
kommen Gelegenheit finden) die bloße Rücksicht auf die Schwierigkeit 
der Beweisführung nach Ablauf vieler Jahre die Wiedereinführung 
der Verjährung veranlaßte, sondern auch die Ansicht, daß es unbillig 
und unnöthig sei, Jemand, der durch jahrelangen tadellosen Wandel 
und durch Aufgeben aller durch das Verbrechen erlangten Vortheile 
seine Besserung dargethan hat, noch zu bestrafen.") So angesehen, 
ist freilich die Verjährung der Bigamie nicht eher denkbar, als bis 
das bigamische Verhältniß als solches zu bestehen aufgehört hat. 
Wichtig ist die Anwendung, welche in der Entscheidung vom 
24. Mai 1854, Nr. 5346, *3) von §. 335 des St. G. gemacht wird; 
**) Siehe v. Zeiller, jährlicher Beitrag zur Gesetzkunde I. S. 184 
**) Es heißt dort: „Es läßt sich in dem bloßen Entgegenhalten des bald wieder 
hinweggelegten Messers von Seite eines achtundsechzigjährigen Greises, der sich noch 
nie eine Gewaltthätigkeit zu Schulden kommen ließ, und in dem, daß ein solcher 
alter Mann und Vater seinem sich gegen ihn auflehnenden Sohne, einem kräftigen 
Manne, einige Faustschläge versetzt, keine so beschaffene Handlung erkennen, von 
welcher der Beschwerdeführer nach ihren natürlichen, für Jedermann leicht erkenn 
baren Folgen einsehen mußte oder konnte, daß sie eine Gefahr für das Leben, die 
Gesundheit oder körperliche Sicherheit des Sohnes herbeizuführen geeignet sei, wie 
dies zu der nach §. 431 mit Bezug auf den §. 335 des St. G. bezeichneten Ueber 
tretung gegen die körperliche Sicherheit erforderlich ist. Es ist also die dem 
Beschwerdeführer zur Last gelegte That in unrichtiger Anwendung des Gesetzes als 
eine strafbare erklärt worden, dies um so mehr, da der Beschwerdeführer gegen den
	        
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