Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

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Kleinere Beiträge zum materiellen Strafrecht. 
Nr. 1409,2) nicht wenig beitragen. Das Gesetz vom J. 1852 enthält sich 
nämlich, nach dem Vorgange des älteren Strafgesetzes, über die innere 
Beziehung desjenigen, welchem ein Vergehen oder eine Uebertretung zur 
Last gelegt wird, zu der von ihm begangenen Handlung eine den §§. 1 
und 2 St. G. parallellaufende allgemeine Bestimmung zu geben; — 
war wohl auch ohne gänzliche Umgestaltung des zweiten Theils des 
Strafgesetzes nicht möglich, eine solche aufzustellen. Nun muß bei 
jeder darin aufgeführten strafbaren Handlung eine Reihe von Fragen 
aufgeworfen werden, die bei dem Schweigen des Gesetzes nur durch die 
Doctrin und Auslegung der Gerichte ihre Beantwortung finden können. 
Die erste Frage ist: gehört eine bestimmte Absicht zum Thatbestand 
dieser strafbaren Handlung? Ganz abgesehen von den früher sogenannten 
uneigentlichen schweren Polizeiübertretungen dürften sich noch manche 
andere Vergehen und Uebertretungen finden, bei denen diese Frage nicht 
durch die einfache Verweisung auf die §§. 238 und gewissermaßen 
auch 233 St. G. beseitigt werden kann. Durch diese §§. ist viel 
mehr eben nur die Beantwortung der Frage abgelehnt; - aber letztere 
kehrt wieder, sobald es sich darum handelte, zu bestimmen: ob wirk 
lich eine gegen ein Verbot vollbrachte Handlung vorliege? Kann 
z. B. nicht Jemand dem Anderen einen Beinamen öffentlich geben, 
den dieser mit Recht als Schimpfwort betrachtet, ohne daß doch Jener 
wirklich einen Schimpf zuzufügen meinte? Kann nicht ein Fremder 
ein falsches Gerücht verbreiten, ohne auch nur eine Ahnung davon zu 
Ohne daß er es sah, lief ein Knabe nach, legte sich auf die rollende Walze und 
ward in Folge dessen tödtlich verletzt. Der Cassationshof sprach aus: 
„Dem Angeklagten ist mit Recht schon das Führen der Walze durch diese 
Gasse überhaupt und noch mehr, daß er nicht zurückblickte und sich nicht beküm 
merte, ob sich nicht die unbeaufsichtigten Kinder ihrer Natur nach angelockt fänden, 
sich mit dem walzenden Körper in Berührung zu setzen, als eine schuldbare 
Handlung und Unterlassung angerechnet worden und — diese That — dem 
§. 335 St. G. unterzogen worden. 
*) Der Angeklagte hatte in einer von Fiebern häufig heimgesuchten Gegend, 
in einem Orte, in dessen näherer Umgebung eine Apotheke sich nicht findet, Chinin 
in geringen Dosen und a. m. dgl. verkauft, und zwar nicht in einer auf Gewinn 
gerichteten Absicht, sondern aus Menschlichkeit. Darüber wird bemerkt: 
„1. Wenn auch das Gesetz sich im §. 354 nicht wie im §. 361 des St. G. 
des Ausdruckes „Handeltreiben“ bedient, so ist doch schon durch das Wort „Ver 
kauf," welches den Gegensatz zu einer unentgeltlichen Ueberlassung bildet, deutlich 
zu erkennen gegeben, daß durch den §. 354 das St. G. nur den auf Gewinn 
oder Nutzen berechneten Absatz solcher Heilmittel für strafbar erklart. 
2. Es läßt sich mit den im §. 233 des St. G. für Vergehen und Ueber 
tretungen überhaupt und im §. 335 für Vergehen und Uebertretungen gegen die 
Sicherheit des Lebens insbesondere ausgesprochenen allgemein giltigen Grundsätzen 
nicht vereinigen, den Angeklagten im vorliegenden Falle straffällig zu finden, da 
die im Falle der Noth blos aus Menschlichkeit geschehene Ueberlassung einer un 
bedeutenden Quantität jenes Heilmittels, welches nach Anordnung der Aerzte gegen 
das .. . Wechselfieber allgemein gebraucht wird, unter den bestandenen Verhält 
nissen eine Handlung nicht genannt werden kann, die der Angeklagte als unerlaubt, 
als geeignet, eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder körperliche Sicher 
heit des Menschen herbeizuführen oder zu vergrößern, erkennen konnte.
	        
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