Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

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Majestätsbeleidigung. 
Dr. Keipp nach seiner persönlichen Haltung, daß ihm nach der allge 
meinen politischen Richtung des von ihm redigirten Blattes die Absicht 
nicht zugemuthet werden kann, die Person des Kaisers verbrecherisch 
anzutasten. Es würde in der That eine Tollkühnheit sonder Gleichen 
sein, den Kaiser von Oesterreich in seiner Residenz auf so freche Weise 
anzugreifen, wie geschehen wäre, wenn der incriminirte Artikel in der 
That die ihm zur Last gelegte Beziehung hätte. 
Herr Dr. Keipp ist der Verfasser des angefochtenen Artikels, er 
hat ihn seinem vollen Inhalte nach zu verantworten. Habe ich nun 
nachgewiesen, daß gegen ihn nach dem Sinne und der Fassung des 
Artikels, nach dessen Inhalt, der Thatbestand einer strafbaren Hand 
lung nicht begründet sei, habe ich namentlich nachgewiesen, daß der 
Thatbestand der Majestätsbeleidigung in objectiver Richtung nicht zu 
erkennen ist, weil die incriminirte Stelle den Sinn und die Bedeutung 
einer absichtlichen Verletzung der Ehrfurcht nicht hat; so ist klar, daß 
keine Druckschrift mit strafbarem Inhalt vorhanden ist, woraus weiter 
folgt, daß auch Herr Ott für diesen Artikel nicht verantwortlich ist. 
Auf diese Ausführung gestützt, stelle ich den Antrag, der hohe Gerichts 
hof wolle zunächst den Herrn Dr. Keipp von der Anklage des Ver 
brechens der Majestätsbeleidigung lossprechen und schuldlos erklären. 
Bezüglich des Herrn Ott ergibt sich dasselbe Resultat. Auch er könnte 
nur durch jene Theorie gefährdet sein, die ich zuletzt angegriffen habe, 
und von der ich wiederholen muß, daß ich sie für ebenso schädlich als 
unrichtig halte. Möchte es mir gelungen sein, vor einem der ersten 
österreichischen Gerichtshöfe die praktische Geltung dieser Theorie praktisch 
erschüttern zu helfen! Dann könnte ich mich getrost der Ueberzeugung 
überlassen, heute nicht dem „Vaterland", sondern unserem Vaterlande 
einen Dienst geleistet zu haben.
	        
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