Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

Majestätsbeleidigung. 
274 
Ich meine 
das „Vaterland" der „Donau=Zeitung" entgegenstellt. 
übrigens, mit Unrecht, weil ich sehr bezweifle, daß die „Donau 
Wer den 
Zeitung“ die Richtigkeit dieser beiden Positionen bestreite. 
Artikel unbefangen prüft, der muß erkennen, daß er auf das Angeführte 
hinausgeht, daß dieses der ganze Streitpunct, der ganze Gegensatz sei. 
Positiv formulirt lautet die Thesis, die das „Vaterland" vertheidigt, 
wörtlich so: „Der Kaiser erfindet keine Verfassung, sein erhabener 
Beruf besteht darin, die Rechte zu wahren, zu pflegen, und eine ge 
„Hat 
ordnete Entwicklung derselben zu schützen und zu fördern“ 
die Februarverfassung diese beiden Sätze gebührend berücksichtigt? Wir 
sagen nicht ja, nicht nein; allein die Discussion darf damit nicht ab 
geschnitten sein, ja, die Loyalität gebietet es, diese Discussion nicht zu 
umgehen und dieselbe nicht durch die Berufung auf den Kaiser ab 
schneiden zu lassen.“ — Also der Streitpunkt steht uns fest, der Sinn 
und die Tendenz des Artikels ist genau bezeichnet, und daraus werden 
wir erkennen, was denn eigentlich die Entrüstung des „Vaterland" so 
sehr hervorrief. 
Das „Vaterland“ hat mit Recht oder mit Unrecht aus der „Donau 
Zeitung“ herausgelesen, daß, weil der Kaiser eine Verfassung gegeben 
hat, darum allein, ohne Rücksicht auf den bisherigen Rechtszustand, 
lediglich weil sie ein Willensact des Kaisers sei, allen Völkern die 
Pflicht erwachse, sie anzuerkennen, ohne Beziehung auf eine andere 
Motivirung, und daß der Kaiser ebenso gute jede beliebige andere aus 
seiner Phantasie entspringen lassen und in Wirksamkeit setzen konnte 
Das ist die eine Position. Und die andere: „Man kann daher nicht 
sagen, sie habe Mängel.“ Nun ich glaube, der Regierung eines freien 
und constitutionellen Staates kann es nicht einfallen, in ihrem Organe 
solche Positionen zu vertheidigen. Ich glaube, auf die einzige Stelle, 
wo von dem vom Kaiser gegebenen Rechtsboden gesprochen wird, ist 
vom „Vaterland" zu viel Gewicht gelegt, und das ist die Sünde des 
„Vaterland" gegen die „Donau=Zeitung" 
Das „Vaterland" verlangt, der Position der „Donau=Zeitung“ 
gegenüber, es solle die Verfassung auf dem historischen Rechte beruhen, 
es solle ein Gesetz sein, nicht geschöpft aus der Willkür, sondern aus der 
verständigen, wohlerwogenen, gewissenhaften Betrachtung der Geschichte 
des Landes, der bestehenden und erworbenen Rechte, der Verhältnisse 
der Völker. Das ist das Gegenbild, das das „Vaterland“ gegenübei 
jenem Schreckbilde von den Südsee=Inseln aufstellt, von dem es selbst 
sagt: Es ist in Oesterreich nicht verwirklicht, aber nach der von der 
„Donau=Zeitung“ aufgestellten Theorie könnte es verwirklicht werden. 
Wie kann aber diese Aufstellung des „Vaterland“ verletzen? Gerade 
jener Anschauung entspricht, wenn man die Sache ehrlich, aufrichtig 
und unbefangen ansieht, die wahre Bedeutung des 26. Februar. Wir 
Alle, die dieses Gesetz ehren und lieben, wir Alle fühlen, daß wir uns 
auf einem mehr oder weniger unbequemen Boden befinden, und daß 
wir Opfer bringen müssen, indem wir ihn zur bleibenden Wohnstätte 
wählen. Worin liegt der Grund? Gerade darin, — und darin liegt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer