Majestätsbeleidigung.
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Ich meine
das „Vaterland" der „Donau=Zeitung" entgegenstellt.
übrigens, mit Unrecht, weil ich sehr bezweifle, daß die „Donau
Wer den
Zeitung“ die Richtigkeit dieser beiden Positionen bestreite.
Artikel unbefangen prüft, der muß erkennen, daß er auf das Angeführte
hinausgeht, daß dieses der ganze Streitpunct, der ganze Gegensatz sei.
Positiv formulirt lautet die Thesis, die das „Vaterland" vertheidigt,
wörtlich so: „Der Kaiser erfindet keine Verfassung, sein erhabener
Beruf besteht darin, die Rechte zu wahren, zu pflegen, und eine ge
„Hat
ordnete Entwicklung derselben zu schützen und zu fördern“
die Februarverfassung diese beiden Sätze gebührend berücksichtigt? Wir
sagen nicht ja, nicht nein; allein die Discussion darf damit nicht ab
geschnitten sein, ja, die Loyalität gebietet es, diese Discussion nicht zu
umgehen und dieselbe nicht durch die Berufung auf den Kaiser ab
schneiden zu lassen.“ — Also der Streitpunkt steht uns fest, der Sinn
und die Tendenz des Artikels ist genau bezeichnet, und daraus werden
wir erkennen, was denn eigentlich die Entrüstung des „Vaterland" so
sehr hervorrief.
Das „Vaterland“ hat mit Recht oder mit Unrecht aus der „Donau
Zeitung“ herausgelesen, daß, weil der Kaiser eine Verfassung gegeben
hat, darum allein, ohne Rücksicht auf den bisherigen Rechtszustand,
lediglich weil sie ein Willensact des Kaisers sei, allen Völkern die
Pflicht erwachse, sie anzuerkennen, ohne Beziehung auf eine andere
Motivirung, und daß der Kaiser ebenso gute jede beliebige andere aus
seiner Phantasie entspringen lassen und in Wirksamkeit setzen konnte
Das ist die eine Position. Und die andere: „Man kann daher nicht
sagen, sie habe Mängel.“ Nun ich glaube, der Regierung eines freien
und constitutionellen Staates kann es nicht einfallen, in ihrem Organe
solche Positionen zu vertheidigen. Ich glaube, auf die einzige Stelle,
wo von dem vom Kaiser gegebenen Rechtsboden gesprochen wird, ist
vom „Vaterland" zu viel Gewicht gelegt, und das ist die Sünde des
„Vaterland" gegen die „Donau=Zeitung"
Das „Vaterland" verlangt, der Position der „Donau=Zeitung“
gegenüber, es solle die Verfassung auf dem historischen Rechte beruhen,
es solle ein Gesetz sein, nicht geschöpft aus der Willkür, sondern aus der
verständigen, wohlerwogenen, gewissenhaften Betrachtung der Geschichte
des Landes, der bestehenden und erworbenen Rechte, der Verhältnisse
der Völker. Das ist das Gegenbild, das das „Vaterland“ gegenübei
jenem Schreckbilde von den Südsee=Inseln aufstellt, von dem es selbst
sagt: Es ist in Oesterreich nicht verwirklicht, aber nach der von der
„Donau=Zeitung“ aufgestellten Theorie könnte es verwirklicht werden.
Wie kann aber diese Aufstellung des „Vaterland“ verletzen? Gerade
jener Anschauung entspricht, wenn man die Sache ehrlich, aufrichtig
und unbefangen ansieht, die wahre Bedeutung des 26. Februar. Wir
Alle, die dieses Gesetz ehren und lieben, wir Alle fühlen, daß wir uns
auf einem mehr oder weniger unbequemen Boden befinden, und daß
wir Opfer bringen müssen, indem wir ihn zur bleibenden Wohnstätte
wählen. Worin liegt der Grund? Gerade darin, — und darin liegt