Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

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Wuchergesetze. 
nicht sind, vielmehr, freilich durch einen sehr dünnen Faden, noch am 
Leben gehalten werden. Während nämlich ein Darleihen sowohl in 
Geld als in anderen verbrauchbaren Sachen gegeben werden kann, 
spricht §. 1 des Gesetzes vom 14. December 1866, aus Gründen, die 
man sich schwer vorzustellen vermag, nur von Gelddarleihen. Für 
andere Darleihen, die freilich nur äußerst selten vorkommen, bleiben 
also auch die für Gelddarleihen aufgehobenen gesetzlichen Beschränkungen 
des Zinsenmaßes aufrecht, während das Verbot, Zinsen von Zinsen 
zu nehmen, unbedingt außer Wirksamkeit gesetzt ist. 
Fassen wir nunmehr den strafrechtlichen Theil des Gesetzes 
ins Auge, so müssen wir anerkennen, daß wir es hier mit einer legis 
lativen Erscheinung zu thun haben, die völlig vereinzelt dasteht, der es 
an jedem brauchbaren Vorbilde fehlte. Die bisherigen Strafgesetze 
gegen den Wucher hatten überall eine Zinstaxe vor Augen, deren 
Ueberschreitung conditio sine qua non jeder Bestrafung war. Seit 
langer Zeit trug man indeß Bedenken, die einfache Ueberschreitung 
der Taxe als zur Bestrafung ausreichend gelten zu lassen, wie dies 
das österr. Patent von 1803 thut. — So erklärt das bekannte fran 
zösische Gesetz vom 3. Sept. 1807 nur die gewohnheitsmäßige 
Ueberschreitung der Zinstaxe für strafbar. Andere Gesetze berücksich 
tigen außerdem noch den sogenannten verkleideten Wucher (Han 
nover Art. 313, Preußen §. 263). Wieder andere berücksichtigen das 
Moment des Gewohnheitsmäßigen nicht, nur den verkleideten oder be 
trügerischen Wucher. Das Strafgesetz für die thüringischen Staaten 
sieht einzig darauf, ob der Gläubiger bei Ueberschreitung der Zins 
taxen den „ihm bekannten Nothstand oder den ihm bekannten Leicht 
sinn eines Andern benützt hat" (Art. 286 thür. St. G.). Nur ein 
deutsches Gesetz hatte eine der unseres neuesten Wuchergesetzes analoge 
Aufgabe zu lösen. In Baden ist seit 1809 die Ausbedingung auch 
höherer als 6 pCt. Zinsen gestattet, doch ist eine solche Verabredung 
dem Urkundenzwange unterworfen, das Zinsenübermaß ist vom Pfand 
rechte ausgeschlossen, manchen anderen civilrechtlichen Nachtheilen aus 
gesetzt, und der Schuldner ist hinsichtlich der Aufkündigung günstiger 
gestellt, als der Gläubiger.“) Begreiflicherweise liegt hier die Ver 
suchung nahe, durch Verkleidung der Zinsenstipulation die eben ange 
führten gesetzlichen Bestimmungen illusorisch zu machen. Dies ist nun 
der Ausgangspunkt des §. 533 des badischen Strafgesetzbuches, wel 
ches lautet: „Wer bei Darleihen und anderen belasteten Vertragen 
sich übermäßige Vortheile bedingt, wird in folgenden Fällen wegen 
Wuchers bestraft: 1. Wenn er die ihm bekannte Noth oder den 
ihm bekannten Leichtsinn des Anderen zu dessen Uebervortheilung 
benützt und sich die bedungenen wucherischen Vortheile in der Ver 
tragsurkunde verschleiert zusichern ließ; 2. wenn er, um den 
Anderen zu täuschen, den Vertrag so einkleidete, daß derselbe dar 
Goldschmidt in den Verhandlungen des sechsten deutschen Juristen 
tages 1. S. 256.
	        
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