Full text: Kleine Schriften über Strafrecht und Strafprozeß

112 
Thäterschaft und Beihilfe. 
wobei zu bemerken ist, daß ausdrücklich von der ordentlichen Strafe 
nur die nachfolgende Theilnahme, sofern sie nicht auf vorausgehender 
Verabredung beruht, ausgenommen ist. Nach dem preußischen Landrecht 
trifft die im Gesetz bestimmte ordentliche Strafe: 1) Jeden, welcher 
„an Ausführung eines Verbrechens unmittelbar Theil genommen; 
2) denjenigen, „welcher dabei eine solche thätige Hilfe geleistet, daß 
ohne dieselbe das Verbrechen nicht hätte begangen werden können;" 
3) „wenn Jemand, auch ohne vorgängige Verabredung, zu der Zeit, 
wo die That ausgeführt wird, durch Handreichung, Wachehalten, oder 
sonst Hilfe leistet." (§§. 64, 71, 74.) 
Aber auch nach dem durch Feuerbach bewirkten Uebergange reicht 
die ordentliche Strafe in das begrifflich für die Beihilfe vindicirte 
Gebiet weit hinein. Es soll dabei nicht erst auf die Dehnbarkeit des 
dem Complott unterlegten Begriffes hingewiesen werden, vermöge dessen 
eigentlich bei jeder nach vorausgegangener (ausdrücklicher und wohl auch 
stillschweigender) Verabredung geleisteten Hilfe zur That selbst, die An 
wendung der ordentlichen Strafe gerechtfertigt werden kann. Allein es 
ist bekannt genug, daß das bayerische Ges. von 1813 und nach die 
sem das (ältere) oldenburgische (Art. 77, II.), württembergische 
(aufgehob. Art. 75), großherzogl. hessische (Art. 73) und badische 
§. 139 mit facultativer Gleichstellung) den von Feuerbach s. g. 
Hauptgehilfen mit der ordentlichen Strafe belegen, denjenigen also, 
welcher „dem Vollbringer vor oder bei der Ausführung in der Ab 
sicht, damit das Verbrechen entstehe, eine solche Hilfe geleistet hat, 
ohne welche diesem die That nicht möglich gewesen wäre.“ (Art. 45 
II. St.=G. von 1813).*) Noch viel weiter geht das ältere sächsisch 
thüringische Strafgesetz (Art. 33 u. 34 des Ges. für Altenburg), und 
das braunschweigische (§§. 42 und 43, vgl. mit §. 46), welche 
geradezu jede Mitwirkung bei der That selbst als gleiche Theilnahme, 
d. i. als Miturheberschaft, behandeln. 
Betrachten wir nun noch die neuesten legislativen Erscheinungen, 
so weist das sächsische Strafgesetz (Art. 50) denjenigen in den Kreis 
der Miturheber, welcher zur Ausführung mitgewirkt hat, sofern er 
durch seine Handlungsweise den Entschluß zur That stillschweigend zu 
dem seinigen gemacht hat. (Art. 50.) Dagegen bezeichnen das preu 
ßische (§. 34) und bayerische (Art. 54) Strafgesetz und der bre 
mische Entwurf (§. 85) die Theilnehmer in solcher Weise, daß aller 
dings Personen, welche nach jenen älteren Gesetzen der ordentlichen 
Strafe verfallen wären, ihr nunmehr entgehen;**) der hamburgische 
Entwurf dagegen bleibt offenbar bei der älteren Auffassung, indem er 
*) Der Entwurf des Criminalg. für Hannover stand in derselben Reihe; 
der betreffende Passus entfiel aber. (Leonhardt l. 239.) Dennoch findet Köstlin 
(System I. 239 Nr. 3) hier nur eine relative Abweichung vom bayer. Ges. und 
zwar wegen der Bestimmungen über Complott und Bande. 
1*) In Preußen wird das indeß durch die Voraussetzung „nicht wesentlicher“ 
Theilnahme wieder paralysirt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer