Dolus des Anstifters.
(Das ist z. B. der Fall bei einem Arzt, der ein gewisses Mittel
anwendet, und dabei entweder gar nicht daran denkt, daß es seinen
Patienten tödten könnte, oder doch bestimmt erwartet, daß dies nicht
geschehen werde.) — Auf dem entgegengesetzten Ende steht der Fall,
wo der Handelnde sich den Zusammenhang bestimmt vorstellt, d. h.
wo er erwartet, daß sein Verhalten in der That jene factischen Ver
hältnisse herbeiführen werde, welche den objectiven Thatbestand des
Verbrechens begründen. Dieses Erwarten schließt, wie ich glaube, die
Vorstellung von der Möglichkeit eines anderen Verlaufes der Sache
nicht aus, genug, daß diese Vorstellung nicht das Uebergewicht gewinnt,
und einen Zustand des Zweifels herbeiführt. Der Jäger (um bei
dem so oft gebrauchten Beispiele zu bleiben), welcher das Wild vor
dem Schuß ins Auge faßt, weiß recht gut, daß er es möglicherweise ver
fehlen kann; allein er erwartet bestimmt, es zu treffen, er zweifelt
nicht daran. — Der Wüstling, der ein sehr junges Mädchen bestimmt,
sich ihm hinzugeben, weiß wohl, daß mitunter die körperliche Entwick
lung eine sehr langsame sei, und daß möglicherweise das Mädchen,
das wie ein dreizehnjähriges aussieht, doch wohl schon siebzehn Jahre
alt sein könne; allein, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, wird
diese bloße Möglichkeit nicht weiter beachtet werden und an der Be
stimmtheit seiner Ueberzeugung, daß er im Begriff sei, den objectiven
Thatbestand eines stuprum nec voluntarium zu setzen, nichts ändern.
Zwischen diesen beiden Extremen liegt nun der Fall, wo der
Handelnde weder auf das Eintreten noch auf das Ausbleiben des
Ereignisses bestimmt rechnet; sondern darüber in Zweifel ist, so also,
daß ihm das Eintreten nicht einmal überwiegend wahrscheinlich ist.
Die Ereignisse, welche der Handelnde auf diese Weise voraussieht,
rufen in ihm aber auch noch einen anderen Ausspruch hervor, als der
sich auf die größere oder geringere Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens
bezieht. Es wird nämlich für ihn mit der Vorstellung des Eintretens
eines gewissen Zustandes ein Gefühl der Lust oder Unlust, der Be
friedigung oder Unzufriedenheit verbunden sein; er wird wünschen
daß das Ereigniß eintrete, oder er wird es nicht wünschen, oder er
wird, zwischen dem einen und dem anderen schwankend, sich gleich
giltig dagegen verhalten. Der bloße Wunsch, daß ein Ereigniß ein
trete, kommt nun strafrechtlich nicht in Betracht, der Wunsch aber, daß
es als Folge unseres eigenen Verhaltens eintrete, begründet die Rich
tung des Willens auf dasselbe.
Nur wo dieser Wille vorhanden ist, kann von dolus gesprochen
werden; da aber, wo er vorhanden ist, ist es immer eine und dieselbe
Art des dolus. Vorhanden ist er aber offenbar:
1. Wenn wir das Eintreten des Ereignisses wünschen, gleichviel,
oo das Eintreten desselben als Folge unserer Thätigkeit bestimmt
vorausgesehen wird oder nicht. Der Schütze, der nach der Scheibe
zielt, mag z. B. den gerechtesten Anlaß haben, den Erfolg seines
Unternehmens zu bezweifeln, er hat nichtsdestoweniger treffen wollen;
das Treffen sah er freilich nicht bestimmt voraus, es war ihm sogar