Indirecter Vorsatz.
nicht in diesem besonders bedenklichen Falle, von den Umständen ab
sehend, eine allgemeine Regel haben geben wollen. Wir sehen vielmehr
in dem §. 1 nur die Zusammenstellung aller der Bedingungen, unter
welchen das Gesetz in einzelnen Fällen sich veranlaßt sah, das Erfor
derniß des directen Vorsatzes zu beseitigen.
Die früher erwähnte Unbestimmtheit des Ausdrucks dieser Gesetzes
stelle konnte nunmehr kein Bedenken erregen, weil in den einzelnen
Fällen, von denen die Regel gilt, das Gesetz schon hinlänglich präcisirt
wird (so tritt z. B. beim Todtschlag an die Stelle des Ausdruckes
„andere böse Absicht“ der: „feindselige Absicht“). Daraus folgt denn
aber freilich, daß nicht die Erfordernisse der einzelnen Fälle nach dem
allgemeinen Satz des §. 1 bestimmt werden können, sondern umgekehrt
letzterer durch die Erkenntniß der ersteren zu ergänzen ist.
Mit all dem glauben wir dargethan zu haben:
1. Im §. 1 des St.=G. ist nicht eine bloße Beweisregel
aufgestellt, sondern von gewissen Fällen die Rede, in wel
chen böser Vorsatz angenommen wird, obgleich das mit dem
Verbrechen verbundene Uebel wirklich nicht geradezu bedacht
und beschlossen wurde.
2. Alle diese Fälle kommen darin überein: daß ein nicht
beabsichtigter Erfolg durch eine in anderer böser Absicht
unternommene Handlung wirklich herbeigeführt wird, und
daß diese Handlung ein solche ist, aus welcher jener Erfolg
gemeiniglich entsteht oder leicht entstehen kann. — Sie haben
aber auch noch jeder sein Eigenthümliches.
3. Nur in jenen Fällen, in welchen dies im Gesetz deut
lich und insbesondere ersichtlich gemacht ist, genügt zum
Thatbestand eines Verbrechens diese minder entschiedene
Willensbestimmung, welche einem Theil der früher mit dem
Ausdruck dolus indirectus verbundenen Vorstellungen
entspricht.
4. Diese Fälle ausgenommen, kann von einem Ver
brechen nur die Rede sein, wenn das mit demselben verbun
dene Uebel vom Thäter (geradezu) bedacht und beschlossen
wurde.
Einem in Nr. 19 der „Allg. österr. Gerichtszeitung“ vom J. 1858
abgedruckten Aufsatze Geyers ist folgende, die vorstehende Ausführung
ergänzende Bemerkung beigefügt:
Es wird vielleicht zum besseren Verständniß des vorliegenden Auf
satzes dienen, wenn demselben einige Worte über den Stand der Frage
über dolus indirectus und über meine hier wiederholt angeführte und
theilweise bekämpfte Abhandlung vorausgeschickt werden. Bekanntlich
wird der zweite Absatz des §. 1 unseres St.=G. („sondern auch, wenn
aus einer andern bösen Absicht" u. s. w.) häufig als eine bloße Be
weisregel angesehen; auf der entgegengesetzten Seite sieht man darin