Full text: Deutsches Erbrecht

§ 25. Eigentümlichkeiten der Testamente. 
rechtliche Kraft erhalten, d. h. letztwillige Verfügungen des Erblassers, 
welche nicht die Ernennung eines Erben, vielmehr Anordnungen 
anderer Art trafen, welche den Eintritt eines Erben auf Grund schon 
vorhandenen oder auch künftigen Testaments oder auf Grund des Ge 
setzes voraussetzten.“ Hiernach unterschied man testamentarische 
Kodizille, welche sich an einen testamentarischen Erben, und Intestat 
kodizille, welche sich an den Intestaterben des Erblassers wendeten. 
Als mit Ausgang des Mittelalters die Aneignung des römischen 
Rechts immer energischer vollzogen wurde, ging auch der Unterschied 
von Testament und Kodizill in das gemeine Recht über. Darin folgte 
ihm das ALR I 12 §§ 3 und 5. Aber in das allgemeine Verständ 
nis der Laien ist die römische Unterscheidung kaum je eingedrungen. 
In der Laiensprache nannte man daher Testament meist jede einseitige 
letztwillige Verordnung, mochte sie eine Erbeinsetzung enthalten oder 
nicht; den Ausdruck Kodizill wendete man vorzugsweise für Nachträge, 
Ergänzungen oder Abänderungen eines Testaments an. Daher kam für 
Kodizille auch die Bezeichnung „Nachzettel“ auf. 
IV. Das BGB folgt hier dem populären Sprachgebrauch. 
Jede einseitige letztwillige Anordnung des Erblassers in der 
gesetzlichen Form ist hiernach ein Testament (§§ 1937—1940). 
Es macht keinen Unterschied hierfür, ob sie eine Erbeinsetzung, ein Ver 
mächtnis, eine Auflage oder die Ernennung oder die Befreiung eines 
Vormundes enthält, ob sie eine neue Anordnung trifft oder eine ältere 
abändert oder aufhebt.“ 
§ 25. Eigentümlichkeiten der Testamente. 
I. Testamente sind einseitige, autonome Betätigungen des 
Willens des Erblassers. Sie sind nicht, wie die meisten anderen ein 
seitigen Rechtsgeschäfte, empfangsbedürftig. Es ist nicht erforderlich, 
daß sie bei Lebzeiten des Erblassers irgend jemandem bekannt werden. 
Insbesondere kann das Vorhandensein eigenhändiger Privattestamente, 
möglicherweise so lange der Erblasser lebt, völlig geheim bleiben. 
II. Wie dem römischen, so ist auch dem deutschen Testament ein 
5) Dernburg, Pand. Bd. 3 § 66. 
6) Unter Testament versteht man übrigens wie in Rom nicht bloß die 
letztwillige Anordnung selbst, sondern auch die sie enthaltende Schrifturkunde.
	        
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