§ 195. Die Landgüterordnungen.
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§ 195. Die Landgüterordnungen.
1. Die Landgüterordnungen suchten den modernen Grundsatz
der individuellen Selbstbestimmung mit der Einrichtung des Anerbenrechts
zu vereinigen. Nach ihnen wird daher ein Anerbengut nur geschaffen
durch dessen Eintragung in die Höferolle auf Antrag des Guts
eigentümers.
Nach diesem System wurde im Anschluß an ein Gesetz des Groß
herzogtums Oldenburg vom 24. April 1873 zuvörderst für Hannover
das Höferecht mittels der Gesetze vom 2. Juni 1874 sabgeändert durch
Gesetz vom 28. Juli 1909 (GS S. 651)] und 24. Februar 1880 ge
staltet. Hieran schloß sich die Landgüterordnung für das Herzogtum
Lauenburg durch Gesetz vom 21. Februar 1881 an, ferner für West
falen vom 30. April 1882, san dessen Stelle das Gesetz vom 2. Juli 1898
(GS S. 139) getreten ist,] für Brandenburg vom 10. Juli 1883, für
Schlesien vom 24. April 1884, für Schleswig=Holstein vom 28. April
1886 und für den Regierungsbezirk Kassel vom 1. Juli 1887.
Einen vollen Erfolg hatten diese Landgüterordnungen in Hannover,
einen nicht unerheblichen in Westfalen, einen kaum nennenswerten in
Brandenburg und gar keinen in Schlesien.
In Westfalen trat jedoch die Landgüterordnung zugunsten eines ge
setzlichen Anerbenrechts durch das oben erwähnte Gesetz vom 2. Juli 1898
§ 48 Abs. 3 außer Kraft.
II. Die Hauptgrundsätze der Landgüterordnungen sind:
1. Das Amtsgericht, in dessen Bezirke Landgüter belegen sind, führt
eine Landgüterrolle.
2. Eintragungsfähig sind zum Betriebe der Land= oder Forstwirt
schaft bestimmte Besitzungen. Nach einigen Ordnungen müssen sie mit
einem Wohnhause versehen sein, nach anderen nicht.
Nicht bloß Bauerngüter, auch Rittergüter sind eintragungsfähig, so
fern sie nicht einer besonderen Folgeordnung, insbesondere als Fidei
kommisse unterliegen.
Sie müssen zur selbständigen Nahrungsstelle geeignet, nach
einigen Ordnungen zu einem gewissen Grundsteuerreinertrage, z. B. zu
75 Mark, angelegt sein.
3. Die Eintragung erfolgt auf Antrag des Eigentümers, welcher
1) [über das westfälische Gesetz s. § 197.)