Anhang.
Preußische erbrechtliche Einrichtungen.
§ 194. Das Anerbenrecht im allgemeinen.?
1. Schon oben3 wurde hervorgehoben, daß das gleiche Erbrecht
der Nachkommen des Erblassers, wie es nach gemeinem Recht, preu
ßischem Privatrecht, code civil und jetzt nach BGB stattfindet, unter
Umständen zu Ergebnissen führt, die mit den Lebensbedingungen der
Landwirtschaft unvereinbar sind.
Gegen die aus dem allgemeinen gesetzlichen Erbrecht entspringenden
Gefahren sichern sich Großgrundbesitzer, insbesondere der Adel, soweit
ihnen nicht das Recht der Lehen oder der Stammgüter zukommt, durch
1) [Dernburg behandelte in den früheren Auflagen in diesem Anhang
auch die preußische Erbschaftssteuer. Diese Darstellung ist in der neuen
Auflage weggeblieben, nachdem die Erbschaftssteuer auf das Reich über
gegangen und durch ein Reichsgesetz geregelt worden ist. Übrigens konnte
in dieser Darstellung nichts weiter gegeben werden als eine möglichst wörtliche
Wiedergabe des Gesetzes. Das Gesetz hat aber 62 Paragraphen. Eine voll
ständige und zuverlässige Wiedergabe des Gesetzes hätte einen zu großen
Umfang eingenommen, und die Mitteilung einiger besonders wichtiger Grund
sätze des Gesetzes hätte wiederum auf Zuverlässigkeit keinen Anspruch erheben
können, da alle Einzelheiten fortbleiben mußten. Hinsichtlich der Geschichte
der Erbschaftssteuer seien nur folgende Bemerkungen gestattet: Die Erbschafts
steuer wurde in Preußen unter Beseitigung der früheren Anlehnung an die
Stempelsteuer durch Gesetz vom 30. Mai 1873 geregelt. Dazu kam ein Zusatz
gesetz vom 19. Mai 1891. Darauf erfolgte am 24. Mai 1891 eine Neu
publikation in einheitlicher Form. Unterm 31. Juli 1895 erhielt das Gesetz
noch einige Änderungen. Nach diesen Gesetzen haben die Gerichte mit der
Ermittelung und der Erhebung der Erbschafssteuer gegen früher nichts mehr
zu tun. Diese liegt vielmehr den Finanzbehörden ob, vorbehaltlich der Rück
forderung unberechtigt erhobener Beträge im Rechtsweg. Das preußische Ge
setz ist ersetzt durch das deutsche Erbschaftssteuergesetz vom 3. Juni 1906
(RGBl. 1906 S. 654 ff.), das in allen wesentlichen Punkten dem preußischen
Gesetze folgt.
2) Dultzig, Das deutsche Grunderbenrecht 1898.
3) Oben § 1 III S.2.