§ 171. Die Bedeutung des Erbschaftsinventars im allgemeinen. 495
Nachlaßgläubiger können die Beseitigung solcher Maßregeln nicht
verlangen.
[Ist der Nachlaß „überschuldet", beruht diese Überschuldung
aber auf Vermächtnissen und Auflagen, so steht dem Erben diesen
Gläubigern gegenüber die Unzulänglichkeitseinrede ebenso offen wie in
dem bisher erörterten Falle des „ärmlichen Nachlasses" allen Gläu
bigern gegenüber. Er kann also die Tilgung der Vermächtnisse und Auf
lagen verweigern, wenn nur überhaupt eigentliche Nachlaßforderungen vor
handen sind. Die Folge davon ist, daß, wenn der Erbe Vermächtnisse
mit Mitteln des Nachlasses bezahlt, ohne vorher die vorgehenden Nach
laßverbindlichkeiten zu tilgen, ihn die Nachlaßgläubiger so behandeln
können, als ob er gar nichts aus dem Nachlasse weggegeben hätte.“ Es
trifft den Erben also auch die Verpflichtung, die vorhandenen Nachlaß
gegenstände an die Vermächtnisnehmer herauszugeben, doch steht ihm hier
offen, die Herausgabe durch Zahlung des Wertes der Nachlaßgegenstände
abzuwenden, § 1992.)
V. Das Erbschaftsinventar und die endgültig unbeschränkte Haftung
des Erben.
§ 171. Die Bedeutung des Erbschaftsinventars im allgemeinen.
I. Seit Justinian hatte die Errichtung eines Erbschaftsinventars
in gehöriger Form und innerhalb gesetzlicher Frist die Aufgabe, die
Beschränkung der Haftung des Erben auf den Betrag des Nachlasses
herbeizuführen."
Diese Rolle hat das Erbschaftsinventar im BGB ausgespielt.?
Die positive Wirkung eines rechtzeitigen formgerechten Inventars
ist hier eine im Verhältnis zwischen dem Erben und den Nachlaß
gläubigern eintretende Vermutung, daß zur Zeit des Erbfalls
weitere Nachlaßgegenstände als die angegebenen nicht vor
handen gewesen seien, §2009.
Deshalb liegt seine Errichtung vor allem im Interesse des Erben,
deshalb auch wird an die Spitze der Lehre im BGB der Satz gestellt,
17) [Das Verhältnis der Nachlaßgläubiger zu Vermächtnisnehmern, die
vor den Gläubigern durch den Erben aus dem Nachlaß befriedigt wurden,
wird eingehend erörtert vom RG in Seuff. Archiv 63, 370, Gruchot 52, 1082.
Jur. Woch. 08, 487, Recht 08 II 541.)
1) Oben § 163 II.
2) Vgl. oben § 164.