Full text: Deutsches Erbrecht

Der Erbe und die Nachlaßgläubiger. 
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was er nach dem Erbfall erwarb.? Denn nach römischer Auffassung 
vereinigte sich der Nachlaß mit dem eigenen Vermögen des Erben voll 
kommen zur Einheit. 
Im Laufe der Zeit erlitt die persönliche Haftung des Erben, ohne 
jemals grundsätzlich aufgegeben zu werden, Milderungen. 
Die früheste Einschränkung war die Sonderung (separatio) des 
Nachlasses zugunsten der Erbschaftsgläubiger, damit sie sich aus ihm 
vorzugsweise befriedigten. Wenn nämlich der Erbe überschuldet war, 
der Erblasser aber nicht oder in geringerem Maße, und wenn durch den 
Erbschaftserwerb die Vermögen des Erblassers und des Erben zu einer 
Masse zusammenflossen, konnten die Nachlaßgläubiger durch die Beteili 
gung der Gläubiger des Erben arg geschädigt werden. Daher erteilte 
der Prätor den Nachlaßgläubigern die Separation des Nachlasses, damit 
dieser zu ihrer Befriedigung zunächst ausschließlich verwendet würde. 
Dann konnten sie sich aber nach der Ansicht zahlreicher römischer Juristen 
an den Erben nicht mehr persönlich halten. 
Auch der Erbe erhielt seit der römischen Kaiserzeit Hilfe gegen 
Härten der alten unbeschränkten Haftung. Er erlangte Wiedereinsetzungs 
gegen den Erbschaftserwerb wegen Irrtums im Fall unvorgesehener Über 
schuldung des Nachlasses. Weiter schuf Justinian die Rechtswohltat 
des Inventars, vermöge deren der Erbe, welcher innerhalb der vom 
Gesetze gestellten Fristen ein gehöriges Verzeichnis der Nachlaßgegenstände 
errichtet hatte, nur auf den Betrag des Nachlasses verpflichtet war. Die 
Verpflichtung des sog. Inventarerben blieb zwar eine persönliche mit 
seinem ganzen Vermögen; sie war aber ihrer Summe nach auf den 
Betrag des Nachlasses beschränkt. 
III. Die älteren deutschen Rechte wichen bezüglich der Haftung 
des Erben für die Schulden des Erblassers sehr voneinander ab.“ Doch 
läßt sich wohl behaupten, daß dem Geiste des deutschen Rechts eine 
rein sachliche Haftung des Erben für die Nachlaßschulden mit dem 
2) l. 8 pr. D. de a. vel o. her. 29, 2. 
3) tit. Dig. de separationibus 42, 6; Dernburg, Pand. Bd. 3 § 170: 
Oertmann in Grünhuts Ztschr. Bd. 17 S. 257, in Iherings Jahrb. Bd. 34 
S. 82. 
4) Vgl. Dernburg, Pand. Bd. 3 Anm. 11. 
5) § 6 J. de heredum qualitate 2, 19 
3) L. 22 C. de jure deliberandi 6. 30: Dernburg, Pand. Bd. 3 § 171. 
7) Vgl. Stobbe, Deutsches Privatrecht Bd. 5 S. 285 III; Stobbe in 
Bekkers und Muthers Jahrb. Bd. 5 S. 326; Heusler, Institutionen des Deut 
schen Privatrechts Bd. 2 S. 545.
	        
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