§ 11. Erbunwürdigkeit.
Erblasser und sein angeblicher Erbe in einer Gefahr lumgekommen, so
gilt nach § 20 BGB die Vermutung, daß sie gleichzeitig gestorben
seien, also keiner nach dem Tode des andern gelebt habe. Doch kann
die Vermutung entkräftet werden].
Die Lebensvermutung des § 19 ersetzt den Beweis, daß jemand
gelebt habe, bis sie durch Gegenbeweis entkräftet wird.
§ 11. Erbunwürdigkeit.
I. In Rom waren die Fälle zahlreich, in welchen Erben oder
Vermächtnisnehmern das Zugewendete wegen Unwürdigkeit entrissen
wurde. Den Entreißungsgrund bildeten teils Vergehen gegen den Erb
lasser, insbesondere dessen Ermordung, auch Antastung seines letzten
Willens, teils Ungehorsam gegen zwingende erbrechtliche Gesetze. In
der Regel entriß der Fiskus das den Unwürdigen Zugedachte, in wenigen
Fällen jedoch überließ er das zu Entreißende anderen gemäß dem ver
mutlichen Willen des Erblassers.
Die römische Indignitätslehre hat in der deutschen Praxis nie feste
Wurzel gefaßt,' da es gegen die deutsche Rechtsauffassung verstieß, daß
der Fiskus die Erbschaft für sich nahm, so lange ein nicht unwürdiger
gesetzlicher Erbe vorhanden war. Diese Auffassung bestimmte auch die
Regelung des preußischen Rechts.
Zur Geltendmachung der Unwürdigkeitsgründe war nach ALR
ausschließlich befugt, wer Rechtsnachfolger des Verstorbenen wäre, wenn
der Unwürdige nicht vorhanden wäre. Er hatte ein Recht zur Anfechtung
der Nachfolge des Unwürdigen und auf Herausgabe der Erbschaft.
II. Hieran schloß sich im wesentlichen das BGB §§ 2339 bis
2345 an. Die Erbunwürdigkeit muß von Nachlaßbeteiligten durch An
fechtung des Erbschaftserwerbs mittels Anfechtungsklage geltend gemacht
werden, § 2340 Abs. 1. Von Amts wegen ist sie nicht zu berücksichtigen.
Nach Rechtskraft des Urteils gilt der Anfall an den Erben als
nicht erfolgt.
III. Die Fälle der Erbunwürdigkeit sind im BGB eng begrenzt.
Sie bilden sämtlich schwere Vergehen gegen den Erblasser oder dessen
vom Falle der nur versuchten Tötung
letzten Willen. [Doch reicht —
zur Feststellung der Erbunwürdigkeit die
des Erblassers abgesehen —
1) W. Eck, Indignität und Enterbung 1894; Strohal S. 542.
2) Dernburg, Pand. Bd. 3 § 60 und dort Angef.