Der Erbschein.
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vernünftigen Grunde angenommen hat, daß er die ihm vom Gesetz zu
gewiesenen Aufgaben ohne den Erbschein oft nicht ordnungsmäßig durch
führen könnte.!
5. Freiwillige Bevollmächtigte sind gleichfalls berechtigt, den Erb
schein für ihre Vollmachtgeber zu beanspruchen. Dies entspricht der
älteren preußischen Praxis vor 1900 und dem praktischen Bedürfnis.
6. Gläubiger des Erben sind keineswegs ohne weiteres befügt,
die Erteilung eines Erbscheins für den Schuldner zu verlangen. Doch
sind sie hierzu zum Zwecke der Zwangsvollstreckung gegen den
Erben, ZPO § 792, sowie dann berechtigt, wenn sie auf Grund eines
Urteils, das den Erben zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt,
eine Eintragung in ein öffentliches Buch betreiben wollen, 390 § 896.“
7. Wer sonst ein berechtigtes Interesse hierbei hat, kann die Ein
sicht eines dem Erben erteilten Erbscheins und eine beglaubigte Ab
schrift davon vom Nachlaßgericht fordern, FGG § 78; ein selbständiges
Recht auf Erteilung eines Erbscheins ist damit nicht gegeben.
8. Man nimmt allgemein an, daß auf Ersuchen von Behörden,
z. B. von Auseinandersetzungsbehörden, ein Erbschein nicht zu erteilen
ist. Es ist dies aber eine Frage des öffentlichen Rechts und untersteht
dem Landesrecht. 15. 16
VI. Der Antrag auf den Erbschein unterliegt keiner besonderen
Form. Er kann daher schriftlich oder mündlich zu Protokoll beim Nach
laßgericht oder durch Vermittlung einer sonstigen, zur Aufnahme von
rechtlichen Erklärungen zuständigen Behörde, insbesondere eines Richters,
nicht nur desjenigen des Nachlaßgerichts
Notars, Gerichtsschreibers —
gestellt werden.
VII. Der Gefahr, daß die Nachlaßbehörde den Erbschein auf
Grund oberflächlicher Prüfung erteilt, sucht das Gesetz dadurch zu be
gegnen, daß es die zur Begründung des Antrags erforderlichen tatsäch
13) KG Jahrb. Bd. 22 A S. 56; OLG Bd. 4 S. 124; Münchmeyer S. 50.
Doch ist dies bestritten.
14) Der Gläubiger, der den Anspruch seines Schuldners auf Nachlaß
teilung hat pfänden lassen, kann die Erteilung des Erbscheins an Stelle des
Schuldners verlangen, OLG Bd. 1 S. 298 (KG)
15) Art. 14 Preuß. AG z. GBO bestimmt ausdrücklich, daß die Aus
einandersetzungsbehörde den Beteiligten zur Beibringung seiner Legitimation
anzuhalten hat, OLG (KG) Bd. 4 S. 397.
16) über die Erteilung des Erbscheins im Wege der Rechtshilfe OLG
(Jena) 1 S. 194.