§ 155. Gegenstand der Erbschaftsklage. Verwendungen.
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II. Das römische S. C. Juventianum erkannte Unterschiede
zwischen der Verpflichtung des redlichen und des unredlichen Erbschafts
besitzers bezüglich der Herausgabepflicht an.“ Auch hierin folgt das
BGB.
1. Der redliche Besitzer ist zur Herausgabe nur nach dem Maße
seiner ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet, § 2021.
Er ist also namentlich nicht zur Erstattung dessen, was nicht mehr bei
ihm vorhanden ist — ohne Unterschied, ob es zufällig unterging oder
durch Verschulden oder durch Veräußerung dem Nachlaß entfremdet wurde
verbunden, soweit er nicht bereichert ist, § 818 Abs. 3.
2. Von der Rechtshängigkeit an steigert sich die Verpflichtung
des Erbschaftsbesitzers, §2023. Zwar haftet er auch dann nicht schlecht
hin wegen untergegangener oder sonst entfremdeter Sachen, wohl aber
für Schadensersatz, wenn ihm Verschulden zur Last fiel, § 989. Nicht
minder haftet er, wenn er infolge Verschuldens Nutzungen nicht zog, die
er nach den Regeln einer ordentlichen Wirtschaft seit der Rechtshängigkeit
ziehen konnte, § 987 Abs. 2, § 2023 Abs. 2.
3. War der Erbschaftsbesitzer bei Beginn des Erbschaftsbesitzes
nicht in gutem Glauben, kannte er also den Mangel seines Rechts,
oder beruhte seine Nichtkenntnis auf grober Fahrlässigkeit, so haftet er
dem Erben, wie wenn der Anspruch damals rechtshängig geworden
ware, also für jedes Verschulden bezüglich der Nachlaßsachen. Er
fahrt der Erbschaftsbesitzer nach der Erlangung von Nachlaßbestand
teilen sein Nichtrecht, so ist er in gleicher Weise fortan verantwortlich.
Er haftet aber nicht in gesteigerter Weise, wenn ihm sein Nichtrecht
nach Erlangung von Nachlaßgegenständen infolge grober Fahrlässigkeit
unbekannt blieb, § 2024.
4. Weiter verschärft sich die Haftung des redlichen wie des unred
lichen Erbschaftsbesitzers, wenn er einen Erbschaftsgegenstand durch eine
strafbare Handlung oder eine zur Erbschaft gehörende Sache durch
verbotene Eigenmacht" erlangt hat. Dann sind die Vorschriften
8) Dies auf Grund einer Oratio von Hadrian im Jahre 129 erlassene
Senatuskonsult pflegt man S. C. Juventianum zu nennen, weil P. Juventius
Celsus zu den Konsuln des Jahres gehörte.
9) Es ist noch besonders bestimmt, daß ein gutgläubiger Erbschafts
besitzer wegen verbotener Eigenmacht nach diesen Vorschriften nur haftet.
wenn der Erbe den Besitz der Sache bereits tatsächlich ergriffen hatte,
§ 2025 Satz 2, Kom. Prot. Bd.5 S. 721. [Erworben hat er den Besitz nach
§ 857 mit dem Erbfall.