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§ 134. Die Entwicklung der Testamentsvollstreckung.
gabungen und Auflagen seines Erblassers als eine aufgedrungene Last,
welche er oft nur widerwillig und unvollkommen erfüllte. Demgegenüber
suchte der Erblasser den Vollzug der von ihm geplanten Vergabungen
durch einen Treuhänder zu sichern. Ursprünglich geschah dies derart,
- dem Salmann — das Zuzuwendende
daß man der Mittelsperson —
unter Lebenden verlieh mit dem Auftrag, es nach dem Erbfalle den
Bedachten zu übertragen. Nach Aufnahme der Testamente aber benutzte
man diese zur Ernennung der Vertrauenspersonen, welche den Be
dachten die ihnen vermachten Vermögensgegenstände nach dem Tode des
Erblassers zustellen sollten.“ In dieser Gestalt kamen die Testaments
vollstrecker in weiten Kreisen in Aufnahme,? d. h. Vertrauens
personen des Erblassers behufs Verwaltung seines Nach
lasses und Vollziehung seines letzten Willens.
Mit den Grundideen des römischen Erbrechts, welches man seit
Ausgang des Mittelalters übernahm, war die Testamentsvollstreckung
nur schwer in Einklang zu bringen, denn nach römischem Recht ist es
ausschließlich der Erbe, vor allem der Testamentserbe, welchem als
Vertreter des Erblassers die Ausführung seines letzten Willens und die
Liquidation seines Nachlasses obliegt.3 Dennoch erhielt sich die deutsch
rechtliche Einrichtung neben dem römischen Erbrecht. Hierfür sprachen
außer altem Herkommen erhebliche praktische Gründe. Denn die Erben
des Erblassers sind nicht immer die geeignetsten Vollstrecker seines letzten
Willens, z. B. wenn sie minderjährig, geschäftsunfähig, abwesend sind,
übrigens allein dastehenden Auffassung, kann man aus dem Grunde nicht
beipflichten, weil § 1989 die entsprechende Anwendung von § 1973 verlangt.
Dort aber heißt es, daß der überschuß an die ausgeschlossenen Gläubiger
herauszugeben ist. Was in § 1973 die ausgeschlossenen Gläubiger sind, das
sind in § 1989 die im Konkurse nicht befriedigten und die am Zwangs
vergleiche nicht beteiligten Gläubiger. Obiges Ergebnis entspricht der
Billigkeit. Hinzuzufügen ist noch, was Dernburg ferner sagte]: Die Worte
„oder durch Zwangsvergleich“ sind übrigens in den § 1989 erst im zweiten
Entwurf eingeschoben, ohne daß man ersehen kann, was mit ihnen beabsichtigt
war. Es liegt hier ein neuer Beleg dafür vor, daß eine Gesetzesvorschrift,
welche entsprechende Anwendung verlangt, leicht äußerst dunkel und zweifel
haft ist.
1) über den Zusammenhang des Testamentsvollstreckers mit dem alten
Salmann vgl. Beseler, Erbverträge Bd. 1 S. 284.
2) Stobbe, DPR Bd. 5 § 308; Heusler, Inst. d. d. PR Bd. 2 S. 652;
Brunner, Grundzüge 3. Aufl. S. 219 und dort Angef.
3) Das Institut der Testamentsvollstreckung war den Römern fremd.
Vgl. übrigens Deutsch, Die Vorläufer der heutigen Testamentsvollstrecker im
römischen Recht, und dagegen v. Holländer in der Krit. Vierteljahrsschrift
Bd. 45 S. 501. Vgl. auch Dernburg, Pand. Bd. 3 § 124 Anm. 2.