Amtliche Fürsorge für den Nachlaß.
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Abwickelung der Nachlaßgeschäfte verausgabt sind und deshalb den Nach
Nachlaßverbindlichkeiten sind also nicht die von den
laß belasten. 9. 10
Erben in Fortführung des Handelsbetriebs des Erblassers eingegangenen
Verpflichtungen.]
Zweites Kapitel.
Amtliche Fürsorge für den Nachlaß.
§ 126. Das Nachlaßgericht.“
I. Das Gericht, welchem nach Maßgabe des Gesetzes die allgemeine
staatliche Fürsorge für einen Nachlaß zusteht, bezeichnet man als Nach
laßgericht, § 1960. In der überwiegenden Mehrheit der Fälle ist dies
reichsrechtlich das Amtsgericht des letzten Wohnsitzes des Erb
lassers, FGG §§ 72, 73 Abs. 1 Satz 1.
II. Dies entspricht dem Rechtszustande, welcher vor dem 1. Januar
1900 im größten Teile des Reichs, insbesondere in Altpreußen bestand.
Nach französischem Recht aber war in dessen Gebieten, nicht minder
war in Bayern der Notar für die amtliche Tätigkeit in Nachlaßsachen
berufen; in Württemberg hatte der Gemeinderat, dem überhaupt dort
die freiwillige Gerichtsbarkeit und also das Nachlaßwesen unterstand,
durch einen besonderen Ausschuß unter Zuziehung eines Notars die
Nachlaßsachen zu bearbeiten.
Bei der Neuordnung des bürgerlichen Rechts schien es unzweckmäßig,
mit diesem geschichtlichen Zustande schlechthin zu brechen. Daher bleiben
namentlich nach Art. 147 EG zum BGB die landesgesetzlichen Vorschriften
unberührt, wonach für die dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen
andere als gerichtliche Behörden zuständig sind. So verwalten
9) [Eine Nachlaßverbindlichkeit entsteht auch dadurch, daß die Erben,
für Rechnung des Nachlasses kontrahierend, „in Betätigung der Verwaltung
des ungeteilten Nachlasses und dessen vorläufiger Regulierung“ eine zweifel
hafte Nachlaßschuld anerkennen. RG Bd. 62, S. 38 (Jur. Woch. 06, 23, Dtsch.
Jur. Ztg. 06, 201, Ztschr. d. dtsch. Not.=Ver. 06, 484). Hiergegen wendet sich
Eccius in Gruchots Beiträgen 51, 564. Vgl. dazu noch Strohal II §70. Binder
II S. 33. Borchardt, Arch. f. ziv. Pr., 94 S. 198.
10) [Ferner die durch Einleitung einer Nachlaßpflegschaft erwachsenen
Kosten (RG Bd. 62 S. 38). Wegen dieser Schuld kann jeder Erbe als Ge
samtschuldner belangt werden; der Erbe kann sich nicht durch den Hinweis
darauf befreien, daß die Pflegschaft von anderer Seite beantragt worden
ist, KG in Dtsch. Jur. Ztg. 1903 S. 202.)
[Boschan in den
1) Weißler, Das deutsche Nachlaßverfahren 1900.
Hilfsbüchern für die gerichtliche Praxis Bd. VIII 1905.)