Das Pflichtteilsrecht.
316
Berechtigte Kenntnis von dem Wegfalle des vor ihm berufenen gesetzlichen
Erben erlangt.
Der Pflichtteilsanspruch erwächst dem Berechtigten unabhängig von
seinem Willen.
Das Recht kennt auch keinen einseitigen Verzicht auf den Anspruch.
Will der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch aufgeben, so bedarf es daher
des Abschlusses eines Erlaßvertrags zwischen ihm und dem Erben.“
Pflichtteilsforderung unterscheidet sich hierdurch erheblich von der Forde
rung aus einem Vermächtnis, deren einseitige Ausschlagung dem Ver
mächtnisnehmer offen steht.
II. Der Anspruch auf den Pflichtteil begründet eine Nachlaß
verbindlichkeit, §1967 Abs. 2.
Er unterliegt daher den Grundsätzen des Obligationenrechts. Dies
gilt z. B. für die Voraussetzungen und Wirkungen des Verzugs.
Die Pflichtteilspflicht lastet als Nachlaßverbindlichkeit auf dem
Erben,? § 1967 Abs. 1. Der Pflichtteilsberechtigte, welcher nicht Erbe
ist, kann daher dem Erben eine Inventarfrist setzen lassen und von ihm
gemäß § 2006 die Ableistung des Offenbarungseides verlangen. Nicht
erfüllung dieser Pflichten zieht die unbeschränkte Haftung des Erben
nach sich.
Wie andere Nachlaßverbindlichkeiten kann der Pflichtteilsanspruch
gegen den Erben vor dessen Annahme der Erbschaft nicht ein
geklagt werden. Aber gegen den Nachlaßpfleger und den Nachlaß
verwalter ist seine Geltendmachung auch vorher nicht ausgeschlossen.
Gegen einen Testamentsvollstrecker kann der Pflichtteils
anspruch zwar nicht gerichtet werden, auch wenn diesem die Verwaltung
1) Der Vormund bedarf zum Verzicht auf den Pflichtteil des Mündels
der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, § 1822 Ziff. 2, desgleichen der
Inhaber der elterlichen Gewalt, sofern nicht die Erbschaft dem Kinde infolge
der Ausschlagung des Inhabers der elterlichen Gewalt zufällt, § 1643. Die
Ehefrau kann ohne Zustimmung des Ehemannes auf den Pflichtteil ver
zichten, § 1406, vgl. §§ 1453, 1519, 1549.
2) Der Pflichtteilsberechtigte hat bis zum Verzuge des Erben keinen
Anspruch auf Verzinsung seines Pflichtteilsgeldanspruchs, trotzdem daß dem
Erben vom Erbfall an die Nutzungen des Nachlasses zukommen. Aber der
Pflichtteilsberechtigte braucht nicht bis zur Auseinandersetzung der Erben zu
warten, er hat vielmehr ein Recht darauf, daß die Nachlaßgegenstände nach
dem zur Zeit des Erbfalls vorhandenen Werte geschätzt werden, und der
hiernach zu berechnende Pflichtteil ihm gezahlt wird, RG Bd. 72, S. 379 ff.
3) Der Erbschaftskäufer haftet nach § 2382 vom Abschluß des Kaufes
an neben dem Erben.