Das Pflichtteilsrecht.
314
2. Für die Annahme oder Ausschlagung von Vermächtnissen
bestehen keine gesetzlichen Fristen. Hieraus könnte die Gefahr
einer Verzögerung der Erbauseinandersetzung durch einen nachlässigen
oder böswilligen, mit einem Vermächtnis bedachten Pflichtteilsberechtigten
entspringen. Der mit dem Vermächtnis beschwerte Erbe hat daher nach
§ 2307 Abs. 2 die Befugnis, dem Pflichtteilsberechtigten eine angemessene
Frist zur Erklärung über die Annahme des Vermächtnisses zu bestimmen.
Mit erfolglosem Ablaufe der Frist gilt das Vermächtnis als ausgeschlagen.
Ein beschwerter Vermächtnisnehmer hat ein entsprechendes Recht
der Fristsetzung nicht; ebensowenig der Erbe, wenn nicht er, sondern
ein Vermächtnisnehmer beschwert ist.
VI. Für eine etwaige Anfechtung der Ausschlagung der
Erbschaft durch den Pflichtteilsberechtigten sind die regelmäßigen in
§§ 1954 ff. aufgestellten Rechtssätze über die Anfechtung der Aus
schlagung einer Erbschaft maßgebend. Sie gelten auch für die An
Sie
fechtung der Ausschlagung eines Vermächtnisses im allgemeinen.
erfolgt jedoch durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten, § 2308 Abs. 2.
Ein besonderer Anfechtungsfall ist gegeben, wenn Beschränkungen
oder Belastungen der Zuwendung letztwillig angeordnet, aber vor der
Ausschlagung weggefallen waren, ohne daß der Ausschlagende damals
deren Wegfall kannte, § 2306. Daß zwischen der Unkenntnis und der
Ausschlagung ein ursächlicher Zusammenhang bestand, ist doch wohl als
selbstverständlich vorausgesetzt."
VII. Schlägt der pflichtteilsberechtigte Erbe gemäß § 2306 Abs. 1
Satz 2 den ihm zugewiesenen belasteten Erbteil aus, um sich die Pflicht
teilsgeldforderung zu verschaffen, so fällt die ausgeschlagene Erbschaft
den allgemeinen Regeln gemäß an den nach ihm Berufenen. Dieser hat
dann, wenn er die Erbschaft nicht ausschlägt, die Pflichtteilsgeldforderung
zu berichtigen und außerdem die auf dem Erbteile ruhenden Lasten zu
tragen. Und zwar muß er den Pflichtteil berichtigen, wenn ihm auch
die Lasten nichts weiter an Masse übrig lassen. Denn er darf nach
§2322 die Vermächtnisse und Auflagen nur kürzen, wenn der ihm ver
bleibende Nachlaß zur Deckung des Pflichtteils erschöpft ist. Einen
pekunjären Vorteil wird er nach dieser Gesetzesbestimmung durch den
Erbschaftserwerb häufig nicht erlangen."“ Daher werden die eventuellen
15) Anders Planck Bem. 3 zu § 2308.
16) Nach der allgemeinen Bestimmung des § 2318 würde der Erbe die
Pflichtteilslast auf sich und die Legatare verhältnismäßig verteilen. In
unserem Falle steht es anders. Tuhr a. a. O. S. 122 gibt folgendes Beispiel: