Full text: Deutsches Erbrecht

Vermächtnisse, Schenkungen von Todes wegen. 
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III. Tatsächliche Vermutungen entsprechender Art kommen vor 
nehmlich in folgenden Fällen in Frage: 
a) Der Erblasser hat an Stelle einer besonders vermachten Sache, 
welche einem bestimmten Zweck oder Gebrauch diente, nach deren Unter 
gang oder der Veräußerung eine neue Sache gleicher Art gleichen 
Zwecken gewidmet, z. B. an Stelle seines Hundes Phylax einen Hund 
gleicher Art, etwa gar gleichen Namens. Hier wird man, wie nach 
römischem Recht," das neu Angeschaffte als vermacht anzusehen haben. 
b) Beräußert der Erblasser eine vermachte Sache und hat er das 
erlöste Geld bis zu seinem Tode besonders aufbewahrt, sei es bei sich 
oder bei einem Dritten, z. B. einer Sparkasse, so bestand nach älteren 
Rechten die gesetzliche Vermutung, daß das Aufbewahrte als vermacht 
zu gelten habe." Für das jetzige Recht ist eine solche gesetzliche Ver 
mutung abgelehnt." Wenn aber der Erblasser den Erlös erkennbar 
für den Bedachten aufbewahrt, insbesondere wenn er auch einen dahin 
gehenden schriftlichen Vermerk gemacht hat, so ist das Ersatzstück als ver 
macht anzusehen. In solchen Fällen ist die ursprüngliche Vermächt 
nisanordnung so auszulegen, daß sie nicht bloß die besonders vermachte 
Sache, sondern deren Ersatzstücke begreifen sollte. 
c) Die römischen Juristen waren darüber geteilter Meinung, ob 
eine aus einer vermachten gebildete neue Sache als vermacht zu gelten 
habe. Nach älterer strenger Ansicht war das Legat erloschen; eine 
freiere Auslegung nahm eine Absichtsfrage an, die im Zweifel im Sinne 
der Erhaltung des Vermächtnisses zu beantworten war.“ Das preußische 
Recht legte letztere Auffassung zugrunde. 
Streng scheinen die Vorschriften des BGB §2172 ° für Fälle, in 
welchen der Erblasser selbst an der vermachten körperlichen Sache 
Anderungen vorgenommen hat, welche nach den Grundsätzen des Sachen 
rechts als so wesentlich gelten, daß die Sache wie eine neue behandelt 
wird. Dies ist bei deren Verbindung mit einer anderen Sache, der 
Verbindung oder Vermengung beweglicher Sachen, einer Verarbeitung 
5) Vgl. 1. 28 § 1 D. de cond. et dem. 35, 1 
6) ALR I, 12 § 322; l. 11 § 13 D. de leg. III. 
7) Mot. Bd. 5 S. 146. 
8) L. 44 § 2 ff. D. de legatis 1, l. 39 D. de leg. II und l. 79 § 2 D. de 
leg. III, l. 88 pr. § 1 D. eod., l. 6 § 1, D. de auro arg. 34, 2. 
9) (Hierüber die Schriften über die Unmöglichkeitslehre: so Kleineidam, 
Unmöglichkeit und Unvermögen nach d. BGB S. 49 ff. Biermann, Archib f. 
ziv. P. Bd. 91 S. 73 ff.
	        
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