§ 384. Zurechnungsfähigkeit, Ersatzpflicht unzurechnungsfähiger Schädiger. 705
oder vorhergegangenen Handlung des Unterlassenden, z. B. der Arzt,
welcher eine Operation beginnt, bricht sie ohne Grund ab und läßt
den Operierten verkommen. 24
VIII. Wer Schadensersatz beansprucht, hat den Schaden und dessen
ferner die widerrechtliche Handlung
Höhe — vgl. C. P.O § 287
oder Unterlassung des Beklagten, sowie dessen Verschulden und den
Kausalzusammenhang darzutun. Im Fall eines Verstoßes gegen ein
Schutzgesetz wird, wenn ein Schaden eintritt, dessen Verhütung dieses
Gesetz bezweckt, in der Regel der Kausalzusammenhang anzunehmen sein. 25
IX. Die bisherigen Ausführungen ergeben, daß nach B. G. B. der
Umfang der gegen Verletzung geschützten Rechte kaum minder weit ist,
als nach französischem Rechte. Dennoch ist das Recht des B. G. B von
dem des code wesentlich verschieden. Denn nach B. G.B § 253 kann
wegen Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, Geldentschädigung nur
in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Wegen
unerlaubter Handlungen ist dies im B. G. B. nur in den Fällen des
§ 847 zugestanden. Damit ist zwar nicht bestimmt, wie manche fälschlich
unterstellen, daß Schadensersatz bloß wegen Vermögensschadens geschuldet
wird. Herstellung kann der Beschädigte auch bei Schäden anderer Art
beanspruchen. Immerhin bleibt es ein gewaltiger praktischer Unterschied,
daß nach französischem Rechte dem Richter wegen immateriellen Schadens
allgemein die Zubilligung einer arbiträr zu bemessenden Geldentschädigung
offen steht.?
§ 384. Zurechnungsfähigkeit, Ersatzpflicht unzurechnungsfähiger
Schädiger.
I. Da sich die Ersatzpflicht des Schädigers auf Verschulden gründet,
so entsteht sie nicht, wo dies ausgeschlossen ist.! Vor allem gilt dies für
Unzurechnungsfähigkeit des Schädigers zur Zeit der Schädigung.
24) Vgl. Zitelmann, Recht des B.G. B. Allgemeiner Teil S. 163; Liszt, Straf
recht § 29
25) Vgl. oben Abt. 1 § 27; Rümelin im Arch. f. ziv. Praxis Bd. 90 S. 293
Das R.G. v. 16. Mai 1904 bei Gruchot Bd. 48 S. 921 und dort angef. Erkennt
nisse, sowie Planck Bd. 2 zu § 823 Ziffer 4b verwerfen ausdrücklich die Präsumption
eines Kausalzusammenhanges. Unsere Ausführung Abt. 1 § 27 wird jedoch hierdurch
nicht getroffen.
26) Val. W. T.B. Paris, 20. Juni 1900: Das Zuchtpolizeigericht verurteilte den
Gemeinderat Lepelletier wegen Beleidigung des
Redakteur des „Echo de Paris“
Oberstleutnants Picquart zu 2000 Frcs. Geldbuße und 100000 Fres. Schadensersatz.
Vgl. Bauer in Annalen d. deutschen
Hierüber siehe oben Abt. 1 § 66.
Reichs 1902 n. 12; Die rechtlichen Grenzen der Gehorsamspflicht und die Verant
wortlichkeit für auf Befehl begangene Handlungen.
Dernburg, Bürgerl. Recht. II. 2.