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§ 375. Tilgung einer vermeinten Schuld.
dargetan ist, daß die Beziehung auf die angebliche Schuld nur eine
Redensart oder ein Vorwand war, der Ernstlichkeit also entbehrte.
4. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn die Leistung eine
soziale Pflicht des Leistenden bildete, § 814 am Schlusse.18 Dies selbst,
wenn der Leistende irrtümlich eine Rechtspflicht annahm, die in der Tat
nicht bestand, z. B. er glaubte seinen Handlungsgehilfen eine Neujahrs
gratifikation zu schulden, die aber in der Tat nicht vereinbat war.
III. Einzelfragen, welche das B. G. B. nicht beantwortet hat, sind
aus dem Wesen der Sache im Anschlusse an die gemeinrechtlichen Lehren
zu entscheiden.
Der Irrtum kann den Schuldgegenstand betreffen:
a) Man meint einen anderen Gegenstand zu schulden als es der Fall
ist, und leistet demgemäß. Dann kann man das Geleistete zurückver
langen.
b) Der Erfüllende meinte einen speziellen Gegenstand einfach zu
schulden, während er generell oder alternativ schuldete. Auch dann kann
er das Geleistete zurücksordern.19
Doch entspricht es der Billigkeit, daß der Kläger den wirklichen
Schuldgegenstand in allen Fällen dieser Art Zug um Zug gegen den
zurückgeforderten Gegenstand leistet. 20
c) Leistete der alternative Schuldner beide Gegenstände in dem
Glauben, beide zu schulden, so ist ihm einer zurückzuerstatten, und zwar
bleibt ihm richtiger Ansicht nach die Wahl, wenn er sie vorher hatte.
Denn die aus Irrtum hervorgegangene Leistung ist keine Ausübung
seines Wahlrechtes.
2. Zahlt jemand in dem irrigen Glauben, der Schuldner zu sein,
die Schuld eines Dritten, so ist er zur Zurückforderung befugt, denn er
zahlt nicht die wirkliche, sondern eine andere, nur vermeinte Schuld.
Wer dagegen die Schuld eines Dritten in dessen Namen zahlt, infolge
des irrigen Glaubens, diesem hierzu verpflichtet zu sein, hat keine
Rückforderung, denn der Gläubiger erhielt hier, was er zu fordern hatte.
18) Es verbleibt nach Abschluß eines Zwangsvergleichs eine moralische Ver
pflichtung des Kridars, die Ausfallquote zu bezahlen. Die Zahlung oder die Er
teilung eines bezüglichen Schuldanerkenntnisses gelten also nicht als Schenkung.
O. L.G. Augsburg v. 20. Okt. 1902, Rechtspr. d. O. L.G. Bd. 6 S. 369.
19) Die römischen Entscheidungen siehe bei Dernburg, Pand. Bd. 2 § 144
Anm. 16.
20) Vgl. 1. 26 § 4 a. E. D. h. t. 12, 6.