§ 366. Die Auflösung der offenen Handelsgesellschaft, Liquidation, Ausscheiden rc. 649
auf Grund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels. Außer
dem ist aber erforderlich, daß innerhalb der letzten 6 Monate eine Zwangs
vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters fruchtlos
versucht wurde, sei es vom Pfändenden selbst oder irgend einem anderen
Gläubiger. Namentlich aber muß die Kündigung 6 Monate vor
dem Ende des Geschäftsjahres erfolgen.
IV. Wie nach B. G. B. § 727 kann auch bei der offenen Handels
gesellschaft durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, daß im Falle
des Todes eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben fort
gesetzt werden soll.“ Infolge einer solchen Bestimmung wird der Erbe
von Rechts wegen Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft und haftet
als solcher solidarisch und mit seinem ganzen Vermögen für die Gesell
schaftsschulden.
Nach früherem Rechte konnte er sich dieser Haftung nur durch recht
zeitige Ausschlagung der ganzen Erbschaft entziehen. Darauf, daß er
Vorbehaltserbe war, und für die Erbschaftsforderungen nur mit dem
Nachlasse haftete, konnte er sich nicht berufen5, denn die Gesellschafts
schulden treffen ihn als Gesellschafter und nicht unmittelbar in seiner
Eigenschaft als Erben. Das H. G. B. § 139 hat die hieraus entspringen
den Härten dadurch gemildert, daß jeder Erbe sein Verbleiben in der
Gesellschaft davon abhängig machen kann, daß ihm unter Belassung
des bisherigen Gewinnanteiles die Stellung eines Kommanditisten
eingeräumt, und der auf ihn fallende Teil der Einlage des Erblassers
als eine Kommanditeinlage anerkannt wird.“ Nehmen die übrigen Ge
sellschafter einen dahingehenden Antrag nicht an, so kann der Erbe ohne
Kündigungsfrist aus der Gesellschaft ausscheiden.“8
V. Mit der Auflösung der Gesellschaft tritt, abgesehen vom
Falle des Gesellschaftskonkurses, in Ermangelung anderweiter Verein
4) Staub bei Gruchot Bd. 42 S. 611: Die Vereinbarung der Fortsetzung der
offenen Handelsgesellschaft mit den Erben des Gesellschafters.
5) R. G. Bd. 16 S. 40
6) Staub a. a. O.; Vinzens in Goldschmidts Ztschr. Bd. 25 S. 96.
7) Auch auf ältere Gesellschaftsverträge findet § 139 Anwendung, wenn der
Erblasser nach dem 1. Januar 1900 verstarb, K. Lehmann in Goldschmidts Ztschr.
Bd. 48 S. 81.
8) Scheidet der Erbe innerhalb der Frist aus der Gesellschaft aus oder wird
innerhalb derselben die Gesellschaft aufgelöst oder erhält er die Stellung eines Kom
manditisten, so ist er wegen der bis dahin entstandenen Gesellschaftsschulden nach
Maßgabe seiner Erbenhaftung verbunden für spätere Gesellschaftsschulden, wenn er
als Kommanditist verbleibt, in dieser Eigenschaft, Denkschrift S. 100.