§ 345. Der Eintritt des Kommissionärs in das aufgetragene Geschäft. 575
Nimmt der Kommittent das Kommissionsgut nicht ab, obgleich er
hierzu nach Lage der Sache verpflichtet ist, so darf der Kommissionär
wie der Verkäufer beim Handelskauf dasselbe hinterlegen oder im Wege
des Selbsthilfeverkaufes verwerten, H. G. B. § 389.
§ 345. Der Eintritt des Kommissionärs in das aufgetragene Geschäft.!
1. Der Kommissionär soll den Kommittenten mittels des Aus
führungsgeschäftes vertreten, nicht mit ihm handeln.
Aber bei der Kommission zum Einkauf und zum Verkauf markt
gängiger Waren und börsenmäßiger Wertpapiere hat sich eine
andere Übung eingebürgert.? Es wurde geradezu das gewöhnliche, daß
der Kommissionär bei solchen Geschäften selbst zum Markt= oder Börsen
preis liefert, zu solchem Preise abnimmt. Man behauptete, dem Kom
mittenten müsse es gleichgültig sein, wer ihm die Ware oder das Wert
papier abnehme oder liefere, wenn er nur den Marktpreis, zu dem er er
werben oder veräußern wollte, auszulegen habe oder empfange; es liege
sogar im Interesse des Kommittenten, daß der Markt durch Ausführung
seiner bezüglichen Orders nicht unmittelbar in Mitleidenschaft gezogen
würde, was wegfalle, wenn der Kommissionär aus seinem Vorrat selbst
liefere oder wenn er selbst abnehme. Hiernach verstattete das alte H. G. B.
Art. 376 Abs. 1 den Selbsteintritt des Kommissionärs bei jenen Geschäften.
Indessen wußten die Kommissionäre, dem Publikum durch Kenntnis
des Marktes und der Börse und durch Geschäftsgewandtheit überlegen,
den Selbsteintritt nicht selten zu dessen Nachteil auszunutzen, so daß
man namentlich über sog. Kursschnitt klagte.
Das Börsengesetz vom 22. Juni 1896 §§ 70—74 behielt zwar das
Recht des Kommissionärs zum Selbsteintritt bei, suchte aber dessen Miß
brauch auszuschließen. Jene Paragraphen des Börsengesetzes sind aus
demselben zwar durch E. G. zum H. G.B. Art. 14 Ziff. 6 ausgemerzt,
aber fast wörtlich in das neue H. G. B. § 400 übergegangen.
für sich behalten kann? Dagegen Denkschrift S. 240. In der Tat widerspräche
ein so weit gehendes Recht den Zwecken der Kommission und Treu und Glauben,
Lepa, Die Lehre vom Selbsteintritt des K. 1883; Grünhut a. a. O. S. 452:
Schaps, Der Selbsteintritt des K. 1887, und in Goldschmidts Ztschr. Bd. 39 S. 294;
I. Breit, Selbsteintritt des K. 1899, Sächs. Archiv Bd. 9 Heft 9; Langen, Eigen
tumserwerb bei Kommissionsgeschäften 1900 S. 112.
2) So schon ältere Schriftsteller, vgl. die bei Grünhut a. a. O. S. 475 Anm. 3
und Lepa S. 266 angeführten.
3) Vgl. hierüber Eschenbach in Goldschmidts Ztschr. Bd. 41 S. 21.