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§ 320. Haftung wegen Mängel.
Zeigt sich der Mangel schon vor der Ablieferung oder vor der
Vollendung des Werkes1, so ist sofort Bestimmung der Frist zulässig,
so daß dieselbe aber nicht vor der Zeit ablaufen darf, mit welcher das
Werk abzuliefern ist, § 634 Abs. 1 Satz 2.
Einer Fristbestimmung bedarf es nicht, wenn die Beseitigung des
Mangels unmöglich ist,1 wenn sich der Unternehmer der Nachbesserung
geweigert hat, wenn ein besonderes Interesse des Bestellers
sofortige Geltendmachung des Anspruches auf Wandelung oder Minde
rung rechtfertigt, § 634 Abs. 2.12
III. Der Besteller ist befugt, Wandelung, also Rückgängigmachen
des Geschäftes oder Minderung der vereinbarten Vergütung zu ver
langen, wenn die Nachfrist für die Nachbesserung ergebnislos ab
lief, oder wenn eine solche Frist nicht gesetzt zu werden braucht.
Wandelung kann bei nicht erheblichen Mängeln nicht be
ansprucht werden; der Unternehmer, welcher sich hierauf beruft, hat die
Unerheblichkeit zu beweisen. Der Minderungsanspruch bleibt bestehen.
Auf Wandelung und Minderung sind die Vorschriften, welche für
den Kauf nach §§ 465 bis 467, 469 bis 475 gelten, entsprechend an
zuwenden. Jedoch ist zu bemerken:
1. Bei der Minderung wird nicht leicht, wie für den Kauf vor
geschrieben ist, die Zeit des Geschäftsschlusses zugrunde gelegt
werden können. Denn unerforschlich wird meist bleiben, was damals ein
mangelhaftes Werk solcher Beschaffenheit gekostet hätte. Häufig wäre
es mit nicht geringeren Kosten, unter Umständen nur mit erheblich größerem
Aufwande wie ein normales, herzustellen gewesen.13 Man wird daher in
der Regel zu ermessen haben, in welchem Verhältnisse der Wert des
fehlerhaften zum normalen Werke zur Zeit der Ablieferung stand.
10) Freilich ist in § 646 der § 634 nicht erwähnt. Aber derselbe ist entsprechend
anzuwenden, wenn es sich z. B. um Reparatur im Hause des Bestellers handelt, wo
von besonderer „Ablieferung“ oft nicht die Rede sein kann.
11) Hat der Besteller eines Gebisses dem Unternehmer behufs Verbesserung des
Gebisses bereits wiederholt, längere Sitzungen gewährt, so kann dem Besteller nicht
zugemutet werden, sich bei der Unsicherheit des Erfolges persönlichen Mühen und
Unbequemlichkeiten fernerhin auszusetzen. Es ist in solchem Falle anzunehmen, daß
der Unternehmer innerhalb des Vertrages die Nachbesserung nicht bewirken kann.
L.G. Meseritz v. 4. Juli 1901, Jur. Monatsschr. f. P. 1901 S. 177
12) Ist ein Werkvertrag über eine nichtvertretbare Sache abgeschlossen, so kann
der Unternehmer den dem Besteller nach § 634 Abs. 2 begründeten Anspruch nicht
dadurch beseitigen, daß er eine neue fehlerlose Sache liefert. Kammerg. v. 19. Febr.
1903, D. Jur. Ztg. 1903 S. 322.
13) Anders Planck, § 634 Ziff. 6; vgl. aber Oertmann, § 634 Ziff. 3.