Full text: ¬Die Schuldverhältnisse nach dem Rechte des Deutschen Reichs und Preußens (2)

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§ 314. Beendigung des Gesindeverhältnisses. 
grober, vom Gesetze speziell angeführter Verfehlungen6.7., Ges. O. §§ 117 
bis 135. 
Umgekehrt kann das Gesinde bei gewissen groben Verfehlungen 
und Vertragsverletzungen der Herrschaft ohne Aufkündigung den Dienst 
verlassen, Ges. O. §§ 136—140; nicht minder wegen Übersiedelung 
der Herrschaft an einen anderen Ort, falls sie nicht kostenfreie Zurück 
sendung des Dienstboten auf dessen Verlangen zugesteht, § 141, endlich 
wenn der Dienstbote durch schwere Krankheit zum Dienste unvermögend 
wird, § 142. 
IV. Gewisse Tatsachen geben der Herrschaft, gewisse dem Gesinde 
das Recht der Kündigung vor Ablauf der Dienstzeit, aber unter 
Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen, Ges. O. §§ 143 ff., 
145ff. Der Dienstherr ist hierzu befugt im Falle seiner Verarmung, 
ferner bei Untauglichkeit des Gesindes, der Dienstbote bei Nichtzahlung 
des Lohnes, im Falle öffentlicher Beschimpfung, bei Verheiratung, bei 
Anstellung einer eigenen Wirtschaft. 
V. Das ohne Grund zur Zeit des Dienstantrittes nicht angenom 
mene sowie das grundlos entlassene Gesinde muß, um sich den Klage 
weg zu eröffnen, zunächst die Polizeibehörde anrufen und deren Ver 
vorzeitige Entlassung nach Aufkündigung unter den gesetzlichen Kündigungsfristen nach 
Ges. O. § 143 zulässig. Derselbe verstattet solche Kündigung, wenn dem Gesinde 
die nötige Geschicklichkeit zu den nach seiner Bestimmung ihm obliegenden Geschäf 
ten fehlt. 
6) Es sind 19 Gründe zu sofortiger Entlassung aufgeführt, es gehören hierher 
erhebliche Beleidigungen, R. G. bei Gruchot Bd. 37 S. 1067, beharrlicher Ungehorsam 
des Gesindes, d. h. absichtlicher, böswilliger Ungehorsam gegen wiederholte Befehle. 
Er muß sich nicht notwendig bei mehreren Gelegenheiten gezeigt haben, Ges. O. § 118. 
Nach R.G., Jur. Woch. 1891 S. 37, genügt auch Ungehorsam gegen einen zum Be 
fehl ermächtigten Vertreter; selbstverständlich muß aber nicht bloß diese Ermächtigung, 
sondern auch ihre Tragweite dem Gesinde genau bekannt gewesen sein. Die Fälle 
müssen nicht vereinzelte sein, sondern einen Schluß auf Beharrlichkeit des Ungehor 
samen gestatten, Bolze Bd. 12 S. 228. Bei Widerspenstigkeit reicht ein Fall hin 
Gruchot Bd. 35 S. 1077. Widerspenstigkeit ist mehr als Ungehorsam, vielmehr 
trotzige Mißachtung der Herrschaft. Zu den Entlassungsgründen gehört auch, wenn 
das Gesinde wiederholt ohne Vorwissen und Erlaubnis der Herrschaft über Nacht 
aus dem Hause blieb, Ges. O. § 125. Notwendig ist ungerechtfertigtes Ausbleiben 
in denjenigen Nachtstunden, in denen die Herrschaft das Zuhausebleiben des Gesindes 
nach der Sitte und der Hausordnung mit Bestimmtheit erwarten konnte. Auch Ver 
weigerung der Vorlegung des Gesindebuches beim Dienstantritte ist Entlassungsgrund, 
Verordnung vom 29. September 1846 § 4 
7) Die Angabe des Kündigungsgrundes bei der Kündigung soll nicht erforderlich 
sein nach Strieth. Archiv Bd. 88 S. 214. In gewissen Fällen hat der Dienstbote 
einen anderen tauglichen Dienstboten zu stellen, Ges. O. § 149.
	        
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