Full text: ¬Die Schuldverhältnisse nach dem Rechte des Deutschen Reichs und Preußens (2)

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Dienstverträge. 
V. Vorzeitige Kündigung“ ist nicht schlechthin auszuschließen. 
1. Das B. G. B. verstattet sie allgemein und unbefristet aus wich 
tigen Gründen, § 626.5 
Über die Gründe entscheidet im Streitfalle richterliches Ermessen. 
Das Gesetz bestimmt sie nicht.6.7 Aber der Grund muß nach der Ver 
kehrsauffassung ein Abgehen vom Vertrage rechtfertigen, z. B. der Dienst 
pflichtige, zugleich Reserveoffizier, fordert seinen Dienstherrn, welcher ihm 
daraufhin kündigt. Bloß subjektive Interessen genügen nicht, z. B. wenn 
der Dienstpflichtige einen besser bezahlten, leichteren Dienst finden kann. 
Die Kündigung, nicht die Anerkennung ihres Grundes durch den Richter 
hebt das Dienstverhältnis auf; das Urteil stellt also nur fest, daß es 
von der Kündigung an rechtsgültig aufgelöst war. 
4) Reinhard, Der einseitige Rücktritt vom Dienstvertrage, Sächs. Archiv 
Bd. 7 S. 42 
5) Blume in Verwaltungsarchiv Bd. 7 S. 481: Über das Verhältnis des 
§ 626 B.G.B. zu den §§ 123, 124, 124a R.Gew. O.; Fischer in Das Recht 1903 
S. 335: Wirkungen einer unberechtigten außerordentlichen Kündigung in bezug auf 
Naturalleistungen des Dienstherrn; dagegen Meyer, daselbst 1903 S. 356; Böhm, 
das. S. 479. 
6) Verschulden des Gekündigten ist nicht erfordert. — Rümelin, „Dienstvertrag 
S. 294 nimmt an, daß ein wichtiger Grund für die Kündigung nur dann vorhanden 
sei, wenn er mit dem persönlichen Verhältnis der Kontrahenten zueinander oder 
mit dem persönlichen Verhältnis der Kontrahenten zu der vorzunehmenden Leistung 
zusammenhänge — also namentlich Unfähigkeit zu der Arbeit, Verhinderung durch 
Krankheit, Freiheitsstrafe, unehrerbietiges Verhalten, unsittliche Zumutungen, vgl 
auch Endemann, § 174. Dagegen leugnet Rümelin, daß der Dienstpflichtige kündigen 
könne, wenn er zu heiraten wünsche oder in der betreffenden Stadt eine Seuche 
wüte oder daß dem Dienstberechtigten ein Recht zur Kündigung im Fall seiner Ver 
armung zustehe oder wenn der Betrieb, in dem der Dienstpflichtige beschäftigt wird, 
sich nicht mehr als lohnend erweise. Anderer Ansicht Crome, B. R. Bd. 2 § 260; 
Planck und Oertmann, § 626. Die Motive zum B.G.B. Bd. 2 S. 468 gestehen 
Kündigung zu, wenn nach Lage der Umstände dem einen Teil billigerweise nicht zu 
gemutet werden kann, den Vertrag fortzusetzen. Hiervon geht auch O. L.G. Stuttgart 
v. 10. Mai 1901 aus Rechtspr. d. O. L. G. Bd. 2 S. 502; vgl. ferner R. G. v. 14. Nov. 
1902, Jur. Woch. S. 11 n. 26. Man wird der weiteren Auffassung beitreten müssen, 
so daß aber auch nach ihr die Kündigung unzulässig ist, wenn die Kündigung zwar 
subjektiv durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt wäre, wenn in ihr aber eine Treu 
losigkeit, ein schweres Unrecht liegt. Man wird also nicht anzunehmen haben, daß 
der Gesetzgeber bei dem Auftreten einer ansteckenden Krankheit sämtliche Bedienstete 
ermächtigt, das Hasenpanier zu ergreifen, was Rümelin für die Gegenansicht unter 
stellt. — Das Kündigungsrecht des § 626 wird analog auf den Werkvertrag danr 
anzuwenden sein, wenn, ebenso wie beim Dienstvertrag, eine Unterordnung des Ar 
beitnehmers zum Arbeitgeber im Sinne des Rechtsgeschäfts liegt, es kann z. B. bei 
der im Kundenhaus arbeitenden Schneiderin in dieser Richtung kein Unterschied ge 
macht werden, je nachdem sie im Taglohn oder für das fertige Kleid bezahlt wird. 
Rümelin a. a. O. S. 296. 
7) Der Dienstherr, der wegen eines eingetretenen wichtigen Grundes kündigen 
will, kann eine Feststellungsklage, daß er zur Entlassung des Angestellten berechtigt 
sei, erheben. O.L.G. Kiel v. 25. Febr. 1902, Rechtspr. d. O. L.G. Bd. 5 S. 53.
	        
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