Der Auftrag. Geschäftsbesorgung ohne Auftrag.
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Daß es sich um ein an sich notwendiges Geschäft handelt, welches
der Erhaltung eines Gutes des Geschäftsherrn dient, genügt also nicht,
obgleich es regelmäßig in das Gewicht fallen wird. Denn oft muß
man Notwendiges verabsäumen, weil anderes noch notwendiger ist.
Andererseits ist nicht unumgänglich, daß das Geschäft ein notwendiges
war. Auch die Inangriffnahme eines nicht notwendigen Geschäftes
kann gerechtfertigt sein, falls es den Interessen, den Plänen und
Wünschen des Geschäftsherrn entsprach, z. B. ein besonders günstiger
Ankauf eines Grundstückes, dessen Erwerb ein abwesender Freund zur
Arrondierung seines Besitzes längst erstrebt hatte.
Da der wirkliche oder mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn vor allem
maßgebend ist, so ergibt sich, daß die Einmischung in seine Geschäfte, welche
der Geschäftsherr dem Geschäftsführer oder allgemein, wie derselbe weiß,
verbot, auch dann nicht gerechtfertigt ist, wenn sie von gutem Erfolge war.
2. Ein der Geschäftsführung entgegenstehender Wille des Geschäfts
herrn kommt nicht in Betracht, wenn ohne dieselbe eine Pflicht des
Geschäftsherrn, deren Nichterfüllung das öffentliche Interesse
gefährdet, oder eine ihm gesetzlich obliegende Unterhaltspflichts
nicht rechtzeitig erfüllt wurde, § 679.9
Ähnliches nahm man schon in Rom bezüglich der Beerdigung eines
Die Praxis und jetzt das B. G. B. hat den Satz ver
Toten an.10
allgemeinert. Es ist z. B. gerechtfertigt die Reparatur von Dämmen,
welche durch eine Überschwemmungsgefahr erfordert wird, auch wenn
sie der gefährdete Besitzer verbot.!
mente eine das Interesse des Geschäftsherrn wahrende Geschäftsbesorgung im all
gemeinen seinem vermutlichen Willen entspricht, so muß der Nachweis eines solchen
Interesses im allgemeinen ausreichend erscheinen; es ist demgegenüber Sache des
Beklagten, darzutun, daß die an sich nützliche Geschäftsführung im vorliegenden
Falle — „ihm“ — unnütz war.
8) Der Ehemann haftet für die ärztlichen Kosten, die durch die notwendig ge
wordene Behandlung und Operation seiner getrennt lebenden Ehefrau entstanden sind.
Kammerg. v. 30. Nov. 1901, Bl. f. Rechtspfl. i. B. d. K. 1902 S. 3; vgl. Warnatsch
in D. Jur. Ztg. 1903 S. 245.
9) Irrtümliche Annahme, nach § 679 befugt zu sein, genügt freilich nicht.
10) Vgl. über die „actio funeraria“ die bei Dernburg, Pand. Bd. 2 § 122 Anm. 20
und 21 Anges
11) Schollmeyer, einzelne Schuldverhältnisse S. 28, führt als weiteres Beispiel
an die Zahlung von Steuern, zu welchen ein anderer verpflichtet ist, die er aber
nicht berichtigt und nicht berichtigen will. Dies Beispiel erachte ich als bedenklich
aber auch als belehrend. Der Sinn des § 679 ist, wie unser Text andeutet, enger
als sein Wortlaut. Dies ergibt der geschichtliche Zusammenhang und das Wesen
der Sache.