Die Bürgschaft.
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II. Der Bürge kann sich selbstverständlich auf Einreden aus seiner
Person berufen, insbesondere auf solche gegen den Bürgschaftsvertrag.
Dahin gehört, daß dem Hauptschuldner der Kredit nur unter gewissen
Bedingungen eröffnet war, daß die Bürgschaft im Hinblick auf dieselbe
geleistet wurde und daß jene Bedingungen bei der Kreditgewährung nicht
eingehalten wurden.“
III. Dem Bürgen stehen ferner die dem Hauptschuldner zu
stehenden Einreden zu, § 768 Abs. 1 Satz 1.5.6.7 Es gilt dies für
Einwendungen jeder Art, bezieht sich auf solche, welche zur Zeit der
Verbürgung bestanden, wie auf diejenigen, die dem Hauptschuldner später
erwuchsen. Insbesondere kommt dem Bürgen auch die Verjährungseinrede
des Hauptschuldners zugute, wenn auch ihm gegenüber die Verjährung
nicht vollendet sein sollte.
Auf Einreden des Hauptschuldners, die ihren Grund in der Ver
mögensunzulängigkeit haben, gegen welche die Bürgschaft den Gläu
4) In diesem Sinne hat das R. O.H.G. Bd. 9 S. 184 die Klage gegen einen
Bürgen abgewiesen, welcher sich für den Saldo eines Kontokorrents bei einem Kredit
vereine verbürgt hatte, nach dessen veröffentlichten Bedingungen die Kreditnehmer ihre
Rechnungen so halten sollten, daß sie einen Teil des Jahres auch Gelder zugute
hätten, was aber im gegebenen Falle nicht geschehen war. Es fehlte hier an den
Voraussetzungen, unter denen die Bürgschaft geleistet war. Anders jedoch R.G.
Bd. 3 S. 350.
5) Nissen in Jur. Woch. 1902 S. 460: Rechtsstellung des Kaufpreisbürgen bei
mit Gewährsmängeln behafteter Kaufsache.
6) Dies ohne Unterschied, ob der Bürge einen Rückgriff gegen den Haupt
schuldner hat oder nicht. Über das römische Recht vgl. Geib a. a. O. S. 102.
7) Wie steht es mit Einreden, welche nur zugunsten des Hauptschuld
ners zugefügt sind, z. B. der Darlehensgeber verspricht dem Schuldner, welcher Ge
schäftsreisender ist, ihn, während derselbe auf seinen Reisen begriffen ist, nicht zu
behelligen, vorbehaltlich seines Rechtes sich an dessen selbstschuldnerischen Bürgen zu
halten. Das Gesetz bestimmt über solche Fälle nichts. Sehr natürlich! Allgemeine
Gründe ergeben, daß der Bürge sich auf eine solche Einrede nicht berufen kann, wohl
aber der Hauptschuldner, denn das Obligationenrecht beruht auf der Vertragsfreiheit;
der angeführte Vertrag hat nichts Verwerfliches. Nur haben die Redaktoren des
B.G. B. nicht an ihn gedacht. Dem Bürgen gibt die Einrede trotz des Vertrags
O. L.G. Breslau v. 16. März 1903, Rechtspr. d. O.L.G. Bd. 6 S. 450 mit der
Begründung, aus der akzessorischen Natur der Bürgschaft folge, daß der Bürge
nicht schlechter gestellt werden könne als der Schuldner selbst. Diese Ansicht wird von
Planck, Neumann, Oertmann, Schollmeyer, Windscheid=Kipp geteilt. R. G. v. 14. Jan.
1904 Bd. 56 S. 310 entscheidet sich dahin „muß dem beschränkenden Zusatz — wo
nach die Forderung nur gegen den Hauptschuldner, nicht gegen den Bürgen gestundet
wird — als dem Recht widerstreitend, die rechtliche Wirksamkeit versagt werden, so
ist die rechtliche Folge davon nicht die, daß der beschränkende Zusatz zu streichen
und die vom Kläger nicht gewollte unbeschränkte Stundung an die Stelle zu setzen
wäre, die rechtliche Unmöglichkeit dessen, was der Gläubiger gewollt hat, muß viel
mehr die Willenserklärung selbst unwirksam machen, also zu der Folge führen, daß
die Stundung überhaupt nicht rechtsgültig bewilligt sei“.