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§ 235. Die Verpflichtungen des Darlehensnehmers.
wird das Darlehen erst durch Kündigung fällig, sei es des Gläu
bigers, sei es des Schuldners.
b) Die Kündigungsfrist ist bei Darlehen von mehr als 300 Mark
die Zeit von drei Monaten, bei geringeren Summen ein Monat.?
c) Zur Rückerstattung zinsloser Darlehen ist der Schuldner auch
ohne Kündigung im Zweifel berechtigt, § 609 Abs. 3. Hieraus ist
zu schließen, daß er zur Rückerstattung zinsbarer Darlehen nur
nach Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist befugt ist.
d) Das Gesetz bestimmt nichts darüber, ob Darlehen unkündbar
gemacht werden können. Dagegen, daß dem Gläubiger das Kündigungs
recht völlig entzogen wird, läßt sich nichts einwenden, dem Schuldner
das Kündigungsrecht für alle Zeiten zu benehmen, ist schwerlich zulässig.
Die Anglogie der §§ 567, 1202 rechtfertigt die Annahme, daß die
Unkündbarkeit höchstens auf die Dauer von 30 Jahren anzuerkennen ist.10
IV. Den Darlehensschuldner trifft als Gattungsschuldner die Ge
fahr, val. § 279; der Darlehensgläubiger kann aber die Gefahr über
nehmen, wofür er sich in der Regel besondere Vorteile ausbedingen wird.
Dies war der Fall beim römischen Seedarlehen1, bei welchem die Rück
zahlung der Darlehenssumme und der Darlehenszinsen von der Bedingung
glücklicher Fahrt abhängig war. Seedarlehen in römischer Weise sind
dem heutigen Verkehre fremd. Wirtschaftlich verwandt ist die eigentliche
Bodmerei, d. h. die Notbodmerei des Schiffers, H.G. B. §§ 679ff.,
wonach sich der Darleiher nur an die verpfändeten Gegenstände Schiff,
Fracht, Ladung halten kann, ohne daß daneben eine persönliche Ver
pflichtung eintritt, wonach das Recht des Darleihers mit dem zufälligen
Untergange der verpfändeten Gegenstände erlischt.
V. Dem Beweise der Darlehensschuld dient meist der Darlehens
schuldschein. 12 Selbstverständlich steht dem Aussteller dagegen der Beweis
7) Stern in Ztschr. f. deutsch. Zivilproz. Bd. 32 S. 238: Die Kündigungsklage
im Urkundenprozeß
8) Zweifelhaft ist die Frage der Beweislast, wenn der Schuldner gegenüber
der Klage behauptet, bei Aufnahme des Darlehens sei der Rückzahlungstermin auf
eine spätere Zeit vereinbart, oder es sei eine längere Kündigungsfrist als die gesetzliche
verabredet. Schey a. a. O. S. 102 nimmt an, daß dies im Streitfalle der beklagte
Schuldner zu beweisen hat. Dies ist in der Tat das Natürliche und Zweckmäßige
So auch die herrschende Ansicht. R. G. v. 28. Jan. 1904, Entsch. Bd. 57 S. 50 und
dort Angef., auch Schneider im Recht 1904 S. 592.
9) Vgl. oben Bd. 2 Abt. 1 § 54 II 2.
10) Vgl. Planck § 609 Ziff. 5; Oertmann § 609 Ziff. 10.
11) Dernburg, Pand. Bd. 2 §89.
12) über das Eigentum am Schuldscheine vgl. § 952 B. G. B. — unten Bd. 3
§6 IV. — Über die Rückgabe des Schuldscheines vgl. oben Bd. II Abt. 1 § 115 VI.